Previous Page  61 / 82 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 61 / 82 Next Page
Page Background

61

Sprachraum 10:

Die Dramatik

(Online-Code: tr5sm5)

S. 123:

10.1

a.

Würden Sie Antigone und Kreon als „typische Heldin“ und „typischen Tyrannen“ bezeichnen?

Eines der frühesten deutschen Lexika, der „Zedler“ von 1735, definiert einen Helden als jemanden, „der von Natur mit einer

ansehnlichen Gestalt und ausnehmender Leibesstärcke begabet, durch tapfere Thaten Ruhm erlanget, und sich über den

gemeinen Stand derer Menschen erhoben hat“.

Die darin enthaltene männliche Konnotation von Held / Körperkraft / Aussehen bestimmt auch heute noch vielfach – auch

unter den Schülerinnen und Schülern – die Vorstellungen vom Helden und die Zuordnung des Begriffs primär zu Männern.

Erst seit dem 18. Jahrhundert wird „Held/Heldin“ als Bezeichnung für die Hauptfiguren eines Textes verwendet. Ebenso kli-

scheehaft wird der Begriff Tyrann wahrgenommen. Beiden Begriffen entsprechen weder die Anouilhsche Antigone („die klei-

ne Magere …“) noch Kreon (der „Musik, schöne Bücher und lange Streifzüge durch die Antiquariate von Theben“ liebt).

Welche „familiären“ Beziehungen bestehen zwischen Antigone und Kreon?

Antigone ist Kreons Nichte.

b.

Wo fügt Anouilh deutlich moderne Bezüge und Gegenstände ein?

Die Liebe Kreons zu „schönen Büchern“ und seine Streifzüge durch „Antiquariate“.

Wo macht der Autor bewusst, dass es sich um ein Spiel, nicht um Realität handelt?

Beispiele für Anouilhs Bestehen auf der Differenz Theater – Realität ergeben sich schon prinzipiell dadurch, dass (Einfluss des

epischen Theaters?) die Personen durch einen Sprecher vorgestellt werden. Ein Detail z. B. bei der Vorstellung Antigones: „Sie

heißt Antigone und muss ihre Rolle durchhalten bis zum Ende. […] Sie löst sich von uns allen, die wir heute Abend nicht zu

sterben brauchen und ihr ruhig zusehen können.“

S. 125:

10.2

Analyse des Dialogs Antigone – Kreon

Wer von beiden hat offenbar das Gespräch herbeigeführt?

Kreon.

In welcher Absicht geschah das? In welcher Situation befinden sich die Figuren gerade?

Kreon, der von der „Beerdigungsaktion“ erfahren hat, will das Geschehene (die symbolische Beerdigung des Polyneikes durch

Antigone) vertuschen (er will sogar die Wächter des Leichnams verschwinden lassen), um Antigone nicht anklagen zu müssen

und auch seine Herrschaft unversehrt erscheinen zu lassen. Die Situation Antigones: Sie ist soeben von den Wächtern festge-

nommen worden.

Was ist das Thema ihres Gesprächs? Was ist das Ziel der Personen? Verändert sich ihr Ziel während des Gesprächs?

Themen sind Antigones und Kreons Begründungen für ihre gegenteilige Auffassung von Recht und Gewissen, die

Unterschiede zwischen persönlicher Verantwortung (Antigone) und Verantwortung dem Staatsganzen gegenüber (Kreon: Es

muss einer da sein, der das Schiff steuert) sowie Kreons Versuch, Antigone vor dem Tod zu retten.

Welche Gesprächsanteile haben die Personen jeweils?

Quantitativ dominiert eindeutig Kreon; Antigone spricht meist in kurzen Sätzen, teilweise auch in unvollständigen Sätzen und

verweigert auch manchmal die Antwort bzw. Gegenrede.

In welcher Art sprechen sie miteinander? (Anrede, Tonfall, Emotion, Sachlichkeit …)? Beachten Sie dazu auch die kursiv gesetz-

ten Regieanweisungen des Autors! Verändern sich diese Sprechformen im Laufe des Gesprächs?

Antigone bleibt ruhig (mehrmalige Szenenanweisungen), bis auf den Augenblick, als Kreon sie abführen lässt. Kreon wird im

Laufe des Dialogs, den er freundlich beginnt, mit versuchten Erklärungen fortsetzt und immer wieder mit Appellen an

Antigone und „Rettungsversuchen“ unterbricht, zunehmend emotional (Szenenanweisung „außer sich“) und geht von der

verbalen zur attackierend körperlichen Kommunikation über („Schüttelt sie“ etc.).

Wie agieren die Personen im Verlauf des Gesprächs: fragen, drohen, bitten, berichten, klagen, erklären, befehlen …?

Antigone erklärt ruhig ihre Position. Sie wird einmal emotional, als sie gegen Ende des Dialogs Kreon ihre Auffassung von

Lebensglück erklären will. Bei Kreon finden sich alle angegebenen Gesprächsformen.

Hören sie einander zu? Verstehen die beiden Personen einander? Wenn nicht, aus welchen Gründen?

Wo gehen sie von der Sachebene auf die Beziehungsebene?

Der Versuch des Zuhörens ist bei beiden da, das Verständnis aufgrund ihrer konträren Auffassungen von Recht und Ethos und

ihrer konträren „Pflichten“ nicht gegeben. Antigone: „Ich bin zu weit weg von dir, meine Stimme spricht aus einer Welt, die dir

mit deinen Sorgenfalten, mit deiner Weisheit und deinem dicken Bauch für immer verschlossen ist.“ und „Ich will nicht verste-

hen! Das ist etwas für dich. Ich bin nicht da, um zu verstehen. Ich muss nein sagen und sterben.“

Antigone verlässt die Sachebene in der finalen Auseinandersetzung um Lebensglück und Lebensauffassung; Kreon geht

mehrmals auf die Beziehungsebene: im ersten langen Erklärungsversuch („Nun höre mir gut zu …“), oder als er Antigone

beschreibt, um sie auf ihre Gebrechlichkeit aufmerksam zu machen („Du bist ja noch ein ganz kleines Mädchen …“).

Nur zu Prüfzwecken –

Eigentum des Verlags öbv