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Lösungen zu den kognitiven Aufgaben

wurden ausgeschenkt. Derselbe Wein wurde zweimal etikettiert: einmal mit dem Preis von 10 Dollar und einmal mit 90 Dollar;

ein zweiter Wein wurde um 5 und um 45 Dollar „angeboten“. Und tatsächlich: die Versuchspersonen gaben an, dass ihnen der

vermeintlich teurere Wein besser schmeckte als der billige, obwohl sie eben beide dieselben, identischen Weine waren. Das

Gehirn ließ sich also vom Preis in die Irre führen: Was teuer ist, muss besser schmecken, so der (Kurz)schluss des Gehirns. So,

dies meinen die Forscher, funktioniere der Konsum von Luxusgütern.

Aber der Titel der Erörterung „Wie Werbung wirkt“ zielt auch auf andere Aspekte der Werbung, nämlich auf die Darstellung

und Analyse der Mittel, welche die Werbung einsetzt. Dabei sind meiner Ansicht nach zwei Bereiche dominant: die Sprache

und die Bilder. Zunächst möchte ich mich mit der Sprache der Werbung befassen. Werbesprache ist eine Sprache voller

Stilmittel, und zwar klassischer Stilmittel und auch werbetypischer Stilmittel. Eine vollständige Aufzählung ist in dieser

Erörterung gar nicht möglich, es sollen aber ein paar Stilmittel erwähnt werden: Metaphern stehen natürlich an der Spitze:

„… verleiht Flügel“, das kennt (fast) jede(r). Antithesen, rhetorische Fragen, Wortspiele – „Die Ankunft der Zukunft“

(Autowerbung) –, manchmal in Kombination mit anderen Stilmitteln wie Steigerungen oder Dreierformeln und Verletzung der

Satzzeichenregeln (Gut. Besser. Biermarke) sind auch nicht unbekannt. Und dass Englisch oder Denglisch und „edel“ oder

„insidermäßig“ klingende Fachausdrücke uns gerne ihre Botschaft suggerieren, ist auch kein Geheimnis: „Some things are

waiting for you“ als Slogan einer Autowerbung, für ein teures Coupé vor dem Hintergrund einer Sonnenfinsternis. Klappt man

das Prospekt um, dann wird die Sonnenfinsternis als Hintergrund klar: „Some sights you never forget“. Und davor das Coupé.

Und damit bin ich bei den Bildern: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“, erklärt ein altes Sprichwort. Dabei muss das

Produkt nicht einmal abgebildet sein oder das Bild gar keinen großen Bezug haben zum Produkt. Denn welcher Bezug soll,

um ein bekanntes und umstrittenes Beispiel heranzuziehen, gerade zwischen drei feschen jungen Frauen bestehen, die nicht

allzu sehr verhüllt sind, und dem Bier, für das sie werben? Nicht unerwähnt bleiben darf aber eine gegensätzliche Art der

Werbung mit Bildern, nämlich die Schockwerbung, wie sie zum Beispiel Oliveiro Toscani pflegt, zum Beispiel mit dem

Magermodel in der Kampagne für die Modemarke „Nolita“. Meiner Meinung nach verbindet diese Kampagne Aufklärung und

Warnung mit dem beworbenen Produkt und beschränkt sich nicht mehr auf die allgegenwärtige Anpreisung von Waren.

Über die Aufdringlichkeit der Werbung im Internet mit den Bannern, die ich gar nicht sehen will, die sich aber automatisch

auf und in den Webseiten öffnen und erst nach vielen Klicks wegzubefördern sind, wäre auch noch Kritisches zu sagen. Aber

ich denke, die Frage, die im Titel der Erörterung steckt, nämlich „Wie wirkt Werbung?“, die ist zumindest ein bisschen

beantwortet.

(493 Wörter)

S. 51:

KT 1

Analyse der Stilmittel eines Werbetextes

Der offensichtlichen Zielgruppe „Teenager“ angepasste Dominanz englischer Vokabel, verbunden mit Assoziationen zu

„Wellness“ und „Selbstbestimmung“; zum Teil sogar syntaktische Mischung deutscher und englischer Satzteile.

Der an die Frauen adressierte Werbetext enthält noch zusätzlich Assoziationen an „Romantik“, der an die Männer gerichtete

Text hebt eben Männlichkeit mit einem „Schuss“ von „Geradlinigkeit“ und Autonomie hervor: „angesagte Boots mit derben

Sohlen …“

KT 2

Visuelle Mittel der Werbung beschreiben, den Verzicht auf Text begründen

Dominant ist der große Armut symbolisierende durchgetretene Schuh, dessen Sohlenloch Herzform aufweist. Das Herz ist

Metapher für die gewünschte Mitmenschlichkeit („Herzlichkeit“) der Empfänger der Botschaft. Diese werden mit „Du“ ange-

sprochen, was die Nähe zwischen Caritas und Adressaten unterstreichen soll. Ohne Zweifel wird mit dem Herz auch auf die

ursprüngliche (in der Bezeichnung der Institution verborgene) Bedeutung von „Caritas“ als Nächstenliebe angespielt.

KT 3

Textzusammenfassung (Schülerlösung)

Der Text „Wie Werbung wirkt“ informiert über den Versuch amerikanischer Forscher, die den Zusammenhang zwischen dem

Preis von Weinen und deren Wertschätzung durch Testkoster untersucht haben. Identische Weine wurden einmal mit einem

niedrigeren Preis, einmal mit einem höheren Preis versehen. Die Preise wurden den Testpersonen via Bildschirm angezeigt.

Tatsächlich wurde der vermeintlich teurere Wein als besser schmeckend beurteilt. Bereiche im „mittleren Stirnhirn“, die für die

Speicherung positiver Erlebnisse zuständig sind, reagierten dann, wenn die Testpersonen glaubten, einen guten, weil teuren

Wein zu trinken. Die „Geschmackszellen“ im Gehirn reagierten jedoch beim teuren Wein nicht mehr als beim günstigeren.

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