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Textvorlage
OECD: Österreich hat höchste Mobbingrate in Schulen
Einer von fünf Schulbuben zwischen elf und 15 ist von „Bullying“ betroffen − doppelt so viele wie imOECD-Schnitt,
fünfmal mehr als in Schweden
Wien – Es ist ein un-
rühmlicher erster Platz,
den Österreich im neues-
ten Report der Organisa-
tion für wirtschaftliche
Zusammenarbeit
und
Entwicklung
(OECD)
einnimmt. Dieser widmet
sich „Skills for Social Pro-
gress: The Power of Social
and Emotional Skills“.
Und demzufolge berich-
tet hierzulande einer von
fünf Buben im Alter von
elf bis 15 Jahren von zu-
mindest
zwei
„Bul-
lying“-Erfahrungen
in
den vergangenen zwei
Monaten in der Schule.
Mit 21,3 Prozent weist
Österreich damit einen
fast doppelt so hohen An-
teil an Mobbingopfern im
Schulumfeld aus als der
OECD-Schnitt der 27 un-
tersuchten Länder mit elf Prozent. Die absolut nied-
rigste Bullying-Rate hat Schweden mit nur vier Pro-
zent.
Unter „Bullying“ versteht man Mobbing in der Schule,
also systematische und wiederholte Aggression unter
Schülern, seien es verbale durch Beleidigungen, soziale
durch Streuen von Gerüchten oder andere Formen öf-
fentlicher Beschämung und Schikanen sowie physi-
sche in Form von körperlichen Attacken. Die
OECD-Autoren sehen darin ein „ernstes, gesamtge-
sellschaftliches Problem, das Auswirkungen bis ins Er-
wachsenenalter haben kann“. Anders als zum Beispiel
Estland, das mit 20 Prozent Rang zwei der Schulmob-
bingskala einnimt, den Anteil der jungen Mobbing-
opfer aber gegenüber dem Schuljahr 2005/06 deutlich
senken konnte, so wie etwa auch Deutschland, Grie-
chenland und Italien, ist in Österreich die Zahl der
Bullying-Opfer sogar noch angestiegen. Als Gegen-
maßnahmen empfehlen die Studienautoren schulische
Interventionen, die das Selbstwertgefühl der Kinder
fördern, die ihnen helfen, mit Emotionen wie Wut und
Aggression umzugehen und die die Resilienz
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der
Schülerinnen und Schüler, also deren psychische Wi-
derstandsfähigkeit, aufbauen und stärken. Dies könne
helfen, Bullying, aber auch die langfristigen Gesund-
heits- und Sozialkosten für die Folgen von Mobbing zu
reduzieren. Nicht erfasst in den von der OECD ver-
wendeten Vergleichsdaten von 2009/10 aus der HBSC-Studie (Health-Behaviour in School-aged Children),
die von Forschergruppen aus 43 Ländern in Koopera-
tion mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
durchgeführt wird, sind „neue Formen des Bullying
wie Online- und Telefon-Bullying“, heißt es im
OECD-Bericht. Es wird aber ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass Online-Bullying zwar weniger ver-
breitet sei, mitunter aber noch mehr Leid anrichten
könne als das Offline-Bullying quasi im „echten“
Leben.
Buben berichten übrigens signifikant häufiger von
Bullying-Erfahrungen. Laut HBSC-Studie lag der
Bullyingopferanteil bei den elf- bis 15-jährigen
Mädchen in Österreich bei 13,7 Prozent. Die OECD,
der oft vorgeworfen wird, rein quantitative Vermes-
sungen der Bildungssysteme zu machen, will mit dem
Social-Skills-Report den Einfluss sozialer und emotio-
naler Faktoren auf Bildung, Arbeitsmarkt und soziale
Folgen beschreiben. Eines der Kernargumente lautet:
„Kinder brauchen ein ausgewogenes Set an kognitiven,
sozialen und emotionalen Fähigkeiten, um ein positi-
ves, gutes Leben zu erreichen.“ Beim Erlernen dieser
„Skills“ könnten Lehrer und Eltern den Kindern hel-
fen, indem sie starke, vertrauensvolle Beziehungen
aufbauen und ihnen praktische Lernerfahrungen er-
möglichen. Der frühen Vermittlung von Social Skills
würde zudem eine wichtige Rolle bei der Reduktion
von Bildungs-, Arbeitsmarkt- und sozialen Ungleich-
heiten zukommen.
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Widerstandskraft
Quelle: Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 23.3.2015) –
derstandard.at/2000013298817/OECD-Oesterreich-mit-hoechster-Mobbingrate-in-Schulen (abgerufen am 14.2.2017)
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