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Überhaupt kommt mir das Gedicht von Trude Marzik irgendwie „menschlicher“ vor als der „coole“ Text von Erich Kästner. Ich

bringe ein paar Beispiele, das erste stammt gleich aus der ersten Strophe, und zwar gleich der erste Vers: „Dass die zwei

achte Jahre mitanander gangen“ sind, wie es im Gedicht von Trude Marzik heißt, das ist viel emotionaler, als dass sie

„einander acht Jahre kannten“, wie Kästner schreibt. Und wenn sie „want“ (dritte Strophe), dann ist das schon sehr traurig,

wenn sie ihm dabei „lad tuat“. Und wenn sie „net“ wissen, was sie tun sollen, und der Kellner auch nichts mehr serviert außer

dem Wasser zum Kaffee, dann geht das emotional irgendwie mehr rein als „sie sprachen kein Wort und konnten es einfach

nicht fassen“. Und ganz stark spricht für Traude Marziks Gedicht auch das Ende der zweiten Strophe: „Die Lia bis furt. Es is

drum schad.“ Dieser Vers ist doch auch um „Längen“ emotionaler, trauriger, die Leserinnen und Leser (hoffentlich) packender

als wenn Erich Kästner aschreibt: „Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.“

„Nix dauert ewig“ passt in der Stimmung besser, liest sich leichter und ist sicher das richtige Gedicht für unsere Schülerinnen

und Schüler, die ja eh nicht alle so besondere Lyrik-Freaks sind. Also meine Empfehlung lautet ganz klar: Nehmen wir das

Gedicht von Trude Marzik.

Liebe Grüße

B.

(405 Wörter)

S1 b,

Vorschlag 1

Verfassen Sie, ausgehend von den Informationen des folgenden Textes, einen offenen Brief von ungefähr 300 Wörtern, in dem Sie

für faire Preise für landwirtschaftliche Produkte und die Förderung regionaler Anbieter plädieren und auch auf die ökologischen

Folgen regionaler Produktion aufmerksam machen. Die Adressaten: Die Regionalleiter und Regionalleiterinnen Ihnen bekannter

Supermarktketten und die Gratiswochenzeitung Ihres Bezirks – „Meine Woche“, „BZ“, „Bezirksblätter“, „Bezirksrundschau“ – die

für die Meinungsäußerungen ihrer Leserinnen und Leser sehr offen ist.

Stellen Sie die Situation der Bauern dar, wie sie im Zeitungsartikel beschrieben wird, erläutern Sie die ökonomischen und ökologi-

schen Folgen des Bauernsterbens und appellieren Sie an die Konsumenten, verantwortungsvoll einzukaufen.

(Musterlösung)

An die Regionalleiterin von …

Ergeht auch an die … Bezirksnachrichten

Sehr geehrte Frau …!

Ich wende mich mit diesem offenen Brief an Sie, um auf ein Anliegen aufmerksam zu machen, das mir wichtig ist. Ich habe in

der letzten Ausgabe der Bezirksnachrichten geradezu von einem „Bauernaufschrei“ gelesen: Bauern wollen mit einer Groß­

demo auf ihre schwierige Situation hinweisen. Die Bauern, zumindest in unserem Land, sind ja nicht für ihre Demonstrations­

freude bekannt. Es muss also schon der Hut brennen. Worum geht es: vor allem um die Preise, die ihnen der Handel für ihre

Produkte gibt. Ein Beispiel: Vor einem halben Jahr bekam der Bauer für den Liter Milch noch 38 Cent, jetzt nur mehr 30 Cent.

Die Produktionskosten liegen aber zwischen 28 und 34 Cent. Dass sich das nicht ausgehen kann, ist klar. Man sieht auch das

Ergebnis. Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe hat sich seit den 1980er Jahren fast halbiert und der Trend setzt sich fort: In

der Steiermark sperren pro Monat (!) 70 Bauern zu.

Wir brauchen die Bauern: Wer pflegt die Almen, Felder, Wälder? Wer liefert uns Produkte aus der Nähe, die nicht über

Hunderte oder gar Tausende Kilometer „gekarrt“ werden, was die CO2-Werte in die Höhe treibt? Ich denke da zum Beispiel an

das tiefgekühlte Lamm vom anderen Ende der Welt, aus Neuseeland.

Damit unsere Bauern ihre Höfe nicht aufgeben müssen und wir weiterhin hochwertige und ökologisch möglichst verträgliche

Lebensmittel – Mittel zum Leben also – bekommen, brauchen die Bauern Preise für ihre Produkte, mit denen sie überleben

können. Verzichten Sie darauf, die Produkte der Bauern als Dumpingpreislockmittel einzusetzen; setzen Sie sich in Ihrer

Handelskette ein für faire Preise von Milch, Butter, Fleisch, Gemüse … Zeigen Sie Verantwortung.

Natürlich ist auch an die Konsumenten zu appellieren, beim Einkauf nachzudenken, ob gesparte 10 Cent für die Milch uns

nicht vielmehr kosten, als wir uns ersparen. Aber der Handel spielt eine entscheidende Rolle: Wenn er dem Bauern für den

Liter Milch 10 Cent mehr gibt, wird er keine großen Nachteile erleiden. Wenn aber die Bauern mit fairen Preisen überleben,

haben wir alle Vorteile.

(326 Wörter, Textkorpus)

S. 168:

Vorschlag 2:

Sie verfassen einen positiven, zustimmenden offenen Brief zu Oliviero Toscanis Antimagermodelkampagne „No-

Anorexia“, siehe Sprachraum 4, Seite 45. Schreiben Sie zwischen 270 und 330 Wörter. Beschreiben Sie die Situation, der sich

manche Mädchen ausgeliefert fühlen, wenn sie sich dem Werbeideal der perfekt-schlanken Körper gegenüber sehen, analysieren

Sie Toscanis Schock-Werbung und bewerten Sie, ob es bereits ein Umdenken in der Werbebranche gibt.

(Redigierte Schülerinnenarbeit; Textkorpus)

Eine „Traumfigur“ wie Barbie, ja, das ist tatsächlich der „Traum“ mancher junger Frauen. In unserer Gesellschaft hat sich das

Schönheitsideal in den letzten Jahren oder vielleicht schon Jahrzehnten immer mehr in Richtung eines extrem schlanken

Körpers entwickelt. Übergewicht wird insbesondere bei Frauen gesellschaftlich sehr negativ bewertet. Klar, bei den Männern

ist der „Sixpack“ auch so etwas wie ein „Schönheitsideal“. Aber trotzdem werden übergewichtige Männer nicht selten als

„stattlich“ bezeichnet, Frauen hingegen als dick oder sogar „fett“. Einen Teil der Schuld an diesem Frauenbild tragen sicher die

Werbung und die Filmindustrie. In Werbung und Filmen erhält man den Eindruck, dass nur schlanke Frauen erfolgreich und

Nur zu Prüfzwecken –

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