Bildungsforscher*innen von der Johannes-Kepler-Universität (JKU) haben in einem wissenschaftlichen Artikel den Forschungsstand zusammengetragen und anhand einer öbv-Lehrkräftebefragung analysiert, wovon es abhängt, ob Lehrkräfte KI im Schulalltag verwenden oder nicht. Wir fassen hier die Erkenntnisse kurz zusammen.
Univ.-Prof. Dr. Christoph Helm und Dr. Cornelia Große von der Linz School of Education (JKU) haben den aktuellen Forschungsstand zu KI in österreichischen und deutschen Schulen zusammengetragen. Außerdem untersuchen sie, wovon abhängt, ob Lehrkräfte KI im beruflichen Kontext nutzen. Dafür haben sie die Rohdaten einer öbv-Lehrkräftebefragung rund um Künstliche Intelligenz weiterführend ausgewertet.
Der ganze Artikel ist in der wissenschaftlichen pädagogischen Zeitschrift „Erziehung und Unterricht“ (3–4|2024) erschienen, die der öbv herausgibt. Ausnahmsweise stellen wir ihn hier kostenfrei zur Verfügung.
Forschungsstand zu Künstlicher Intelligenz in Schulen
Der Artikel wertet zunächst verschiedene Studien aus und stellt darauf aufbauend den Forschungsstand zu Künstlicher Intelligenz in österreichischen und deutschen Schulen dar. Vorab gesagt: Es ergibt sich ein vielschichtiges Bild.
Einstellung zu KI in Schulen: Einige Untersuchungen heben hervor, dass den Akteur*innen im Bildungssektor das Potenzial von KI zur Förderung von Lehr- und Lernprozessen durchaus bewusst ist. Es gibt definitiv das Bedürfnis, sie besser ins Bildungssystem zu integrieren. Andere Studien allerdings zeigen die ausgeprägte Skepsis, die unter Erwachsenen wie Schüler*innen herrscht und die bis hin zu Forderungen nach einem Verbot geht.
Nutzung von KI in Schulen: KI wird immer mehr in den Schulalltag eingebunden, jedoch in einigen Fächern wesentlich stärker als in anderen. Einige Studien zeigen bereits eine beachtliche Nutzung, andere verdeutlichen, dass zumindest eine Mehrheit noch ohne KI im Schulalltag arbeitet. Die Nutzung unter Jugendlichen nimmt zu, aber variiert auch sehr.
Herausforderungen und Bedenken: Es herrscht ein breiter Konsens unter Lehrkräften, dass aktuell nicht genügend Fortbildungen und finanzielle Unterstützung verfügbar sind und dass und zusätzliches Personal benötigt wird. Auch klare gesetzliche und ethische Richtlinien werden gefordert. Eltern und Schüler*innen betonen die Bedeutung von Datenschutz und befürchten, dass Einzelne durch Schummeln mit KI unfaire Vorteile gegenüber der restlichen Klasse erhalten.
Chance oder Gefahr für Lehren und Lernen? Frühe Einschätzungen zur künstlichen Intelligenz im Bildungsbereich zeigten Skepsis, ob diese Fachwissen vermitteln und Lehrkräfte entlasten können. Spätere Befragungen deuten auf ein wachsendes Vertrauen in KI hin, besonders bei der Unterstützung von Lehrkräften und im Fernunterricht. Bedenken zu negativen Auswirkungen auf das Bildungsniveau und die Kreativität der Lernenden bleiben jedoch bestehen.
Zukunftserwartungen: Die Erwartungen haben sich von Skepsis zu vorsichtiger Akzeptanz entwickelt, wobei nun über die Hälfte der Deutschen wesentliche Veränderungen durch KI im Unterricht erwartet. Einigkeit herrscht, dass Lehrkräfte nicht durch KI ersetzt werden können. Als notwendig wird es erachtet, Künstliche Intelligenz und entsprechende Kompetenzen (wie das Erkennen von Fake News) in die Lehrpläne zu integrieren. Auch wird erwartet, dass KI Auswirkungen auf traditionelle Bewertungsmethoden hat.
Wer nutzt KI im Unterricht – und wer nicht?
Ob Lehrkräfte Künstliche Intelligenz im Unterricht einsetzen oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. Neben Schultyp, Schulstufe, Unterrichtsfach, digitaler Ausstattung und Schulkultur ist vor allem die persönliche Motivation entscheidend. Zu dieser Motivation gibt es verschiedene Theorien. Die Selbstwirksamkeitstheorie besagt etwa, dass Lehrkräfte, die hohes Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten haben, eher bereit sind, neue Technologien einzusetzen. Das kommt daher, dass sie zuversichtlich sind, die dafür nötigen Kompetenzen zu haben.
Um diesen Faktoren etwas näher zu kommen, haben die Bildungsforscher*innen der JKU die Ergebnisse einer öbv-Befragung aus dem November 2023 weitergehend analysiert. Ihre Ergebnisse zeigen, dass persönliche Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz, der Schultyp und das Fachgebiet wichtige Faktoren für die Einstellung und Nutzung von KI im Bildungsbereich sind.
Persönliche Erfahrung mit KI: Lehrkräfte, die im Privaten noch keine Erfahrungen mit KI haben, setzen weniger wahrscheinlich KI im Unterricht ein (9%) als jene, die KI privat nutzen (68%).
Schultyp: Lehrkräfte an berufsbildenden höheren Schulen (BHS) nutzen KI mit einer höheren Wahrscheinlichkeit (92%) im Vergleich zu anderen Schulen.
Fachgebiet: Lehrkräfte, die Fremdsprachen (87%) oder Mathematik (82%) unterrichten, nutzen KI eher als die anderer Fachbereiche (68%). Am seltensten nutzen KI (verständlicherweise) Sportlehrkräfte (28%).
Diese Ergebnisse – insbesondere die detaillierten Darstellungen im vollständigen wissenschaftlichen Artikel – können dazu beitragen, Künstliche Intelligenz auf sinnvolle Art und Weise ins Bildungssystem zu integrieren, Akzeptanz zu schaffen, genügend Fortbildungen anzubieten und die nötigen Rahmenbedingungen zu etablieren.
Wir danken noch einmal allen Lehrkräften, die an unserer KI-Umfrage teilgenommen und damit diesen wissenschaftlichen Artikel erst möglich gemacht haben!