Chemie begreifen, Schulbuch

98 Das Wichtigste H3 Für besonders Interessierte Beim Aufstellen von Reaktionsgleichungen ist zu beachten: 1. Zunächst werden links vom Reaktionspfeil die Formeln der Edukte und rechts die der Produkte angeschrieben. Der Aufbau der Stoffteilchen und damit die Formel sind durch Naturgesetze festgelegt. Deshalb sind die kleinen, tiefgestellten Zahlen in den Formeln Fixgrößen. 2. Die Zahlen vor den Formeln, die stöchio- metrischen Koeffizienten, variieren je nach Reaktionsgleichung. Die stöchio- metrischen Koeffizienten ergeben sich aus dem Gesetz der Massenerhaltung: Alle Atome bleiben bei jeder Reaktion erhalten und deswegen kommt jedes Atomsymbol in den Formeln der Edukte und Produkte gleich oft vor. 3. Die stöchiometrischen Koeffizienten vor den Formeln multipliziert mit den kleinen Zahlen in den Formeln müssen für jedes Atomsymbol auf beiden Seiten zum gleichen Ergebnis führen. Steht vor der Formel oder in der Formel keine Zahl, so ist mit der Zahl „Eins" zu rechnen. Die stöchiometrischen Koeffizienten werden immer möglichst klein gewählt: Sie geben den Minimalumsatz an. 4. Wenn bei chemischen Reaktionen Gase beteiligt sind, so bilden Gasvolumina immer ein einfaches Zahlenverhältnis, zB Volumen Wasserstoff: Volumen Sauer- stoff = 2 : 1. Die Ursache dafür ist, das jedes Gasmolekül bei gleichem Druck und gleicher Temperatur annähernd den glei- chen Platz beansprucht. Übungs- beispiele Folgende Stoffumwandlungen sind in den vorangegangenen Lernzyklen bereits untersucht worden und können nun durch eine Reaktionsgleichung beschrieben werden: Edukt siehe Produkt(e) Reaktionsgleichung Wasserstoff + Sauerstoff (Spanprobe) F1 Natrium + Chlor D2 Magnesium + Sauerstoff (Verbrennen von Magnesium) D4, E3 Magnesium + Hydrogenchlorid H2 Schwefel + Sauerstoff (Verbrennen von Schwefel) E3 Aluminium + Sauerstoff (Verbrennen von Aluminium) D4 Um 1860, als die Chemie noch eine sehr junge Wissenschaft war, waren ua. vier verschiedene Formeln für Wasser in Gebrauch. Um diese unerträgliche Situation zu ändern und um viele weitere ungeklärte Fragen zu diskutieren, wurde 1860 der erste internationale Kongress für Che- mie nach Karlsruhe einberufen. Stanislao Cannizzaro hatte die besten Argumente, dass H 2 O die richtige Formel ist: Gemäß der Theorie von Amadeo Avogadro (siehe H5) braucht jedes Gasmolekül gleich viel Platz bzw. gleiche Gasvolumina beinhalten (bei gleichem Druck und gleicher Temperatur) gleich viele Moleküle. Das bedeutet: Bei der Elektrolyse von Wasser entstehen doppelt so viele Wasserstoff- Moleküle als Sauerstoff-Moleküle. Wie viele Atome sind jeweils in den Wasserstoff- und Sauer- stoff-Molekülen enthalten? Cannizzaro beobachtete, dass ein Volumsteil Wasserstoff oder Sauerstoff häufig zu 2 Volumsteilen einer Wasserstoff- oder Sauerstoffhältigen, gasförmigen Verbindung reagieren, aber niemals entstehen mehr als 2 Volumsteile. ZB 1 Volumsteil Wasserstoff + 1 Volumsteil Chlor ® 2 Volumsteile Hydrogenchlorid oder 1 Volumsteil Sauerstoff + 1 Volumsteil Wasserstoff ® 2 Volumsteile Wasserdampf. Daraus schloss Cannizzaro, dass die kleinste, für sich allein reagierende Menge Wasserstoff oder Sauerstoff jeweils ein Molekül aus 2 Atomen ist, die kleinste reagierende Menge jedoch jeweils 1 Atom sein muss. Da 2 Volumsteile Wasserdampf zu 2 Volumsteilen Wasser- stoff und 1 Volumsteil Sauerstoff reagieren, muss Wasser der Formel H 2 O entsprechen: 2 H 2 + O 2 ® 2H x O y . Die Volums- teile zeigen die stöchiometrischen Koeffizienten. Stanislao Cannizzaro (1826 –1910) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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