Chemie begreifen, Schulbuch
Im vorangehend beschriebenen Experiment von Jacob und Monod findet zwischen den Bakterien eine Konjugation statt. Bei diesem Vorgang wird ein Plasmid übertragen. Das ist ein kleines, ringförmiges, zusätzlich zu den normalen Genen vorhandenes DNA-Stück. Joshua Lederberg und Eduard Tatum wurden für die Entdeckung der Konjugation 1958 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Diese Art des Informationsaustausches zusammen mit einer unglaublichen Vermehrungsrate macht Bakterien zu wahren Überlebenskünstlern. Unter günstigen Bedingungen teilen sie sich alle 20 Minuten – ca. 60-mal schneller als Pflanzen- und Tierzellen. In nur 2 Tagen könnten theoretisch die Nachkommen einer einzigen Bakterien- zelle die gesamte Erdoberfläche bedecken. Ändern sich die äußeren Bedingungen (Nahrung, Giftstoffe, Antibiotika, Strahlung, Temperatur usw.), so finden sich unter den vielen Nachkommen immer Exemplare, die überlebenstauglicher sind und sich explosionsartig vermehren können. Das genetische Lernen der Bak- terien hat bislang jeden Wettlauf mit den Forschungs- labors gewonnen, die neue Antibiotika herstellen. Für besonders Interessierte Hier wird es anschaulicher Das Wichtigste Z2 280 Konjugation von Bakterien Struktur-Gene enthalten Informationen für den Bau eines Proteins, das in der Zelle bestimmte Aufgaben zu erfüllen hat (zB das Gen für das Verdauungsenzym). Vor den Struktur-Genen liegen häufig Kontroll- abschnitte, die für die Transkription frei zugänglich sein müssen. Der Repressor (»Blockade-Enzym«) – ein auf den Kontrollabschnitt exakt passendes Protein-Molekül – blockiert normalerweise die Transkription und damit die Translation des Struktur-Gens. Regulator-Gene (»Schalter-Gene«) enthalten die Bauanleitung für den Repressor. Boten- moleküle (zB Galactose) können sich an den Repressor anlagern und diesen so umge- stalten, dass er nicht mehr auf die Ober- fläche der DNA des Kontrollabschnittes passt. Damit ist die Produktion eines Struktur-Gens freigegeben. Fehlt das den Repressor umgestaltende Molekül (zB weil die Galactose bereits vollständig verdaut worden ist), so bindet sich der Repressor über Wasserstoffbrücken wieder an den Kontrollabschnitt der DNA, und die Protein- synthese wird beendet. S = Schalter-Gen, V = Gen für Verdauungsenzym, A = Antibiotikum-Resistenz-Gen Stamm 1 (Spender) Stamm 4 (Empfänger) a) Die Gene S und V werden innerhalb einer Stunde vermehrt und übertragen. Das Blockade-Protein wird nicht übertragen! b) Der wegen A überlebende und veränderte Stamm 4 produziert zunächst das Blockade-Protein und das Verdauungsenzym für Galactose. c) Sobald genügend Blockade-Protein produziert wurde, entsteht kein weiteres Verdauungsenzym. d) Wenn Galactose ( ) in die Bakterienzelle eindringt, lagert sie sich an das Blockade-Protein an und verformt es, sodass sich dieses nicht mehr an der DNA festhalten kann. Die Produktion des Ver- dauungsenzyms beginnt und hält so lange an, bis alle Galactose abgebaut ist. Dann wird das Blockade-Protein wieder wirksam. Protein, das den Bauplan des Verdauungsenzyms blockiert. Der Bau- plan des »Blockade-Proteins« ist auf S gespeichert. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=