Chemie begreifen, Schulbuch
Für besonders Interessierte Das Wichtigste U4 238 1. Evolutionsschritt – D i e B i l d u n g v o n B i o m o l e k ü l e n Vor etwa 5 Milliarden Jahren – 8 Milliarden Jahre nach dem Urknall – bildete sich aus den Überresten einer Supernovaexplosion zusammen mit anderer, im Weltraum verteilter Materie unser Sonnensystem (siehe E4). Als das Bombardement der Erde mit Meteoriten schwächer wurde und sich die Oberfläche abkühlte, entstanden günstige Bedingungen für chemische Reaktionen. Das Experiment von Stanley Miller zeigt, wie leicht komplizierte organische Mole- küle entstehen. Anhand charakteristischer elektromagnetischer Strahlungen lässt sich nach- weisen, dass auch im Weltall unterschiedliche organische Moleküle existieren. Untersuchungen von Meteoriten und Kometen belegen, dass organisches Material auf die Erde gelangt, das große Ähnlichkeit mit Biomolekülen hat. Heutzutage haben die meisten organischen Moleküle keine lange Lebensdauer, denn sie wer- den entweder als Nahrung verwertet oder durch den atmosphärischen Sauerstoff zerstört. Sauerstoff war jedoch am Beginn der chemischen Evolution nicht vorhanden. Durch Blitze, UV-Licht, Vulkanismus und Meteoriten ist immer mehr organisches Material entstanden, das sich in den Ozeanen als so genannte Ursuppe ansammeln konnte. Über die weitere Entwicklung lässt sich zurzeit nur spekulieren. Eine plausible Theorie über den Beginn des Stoffwechsels wurde von Christian de Duve (Nobelpreis 1974) entwickelt: die Eisen-Thioester- Welt. (Man erhält ein Thioester-Molekül, wenn in einem Ester ein Sauerstoffatom durch ein Schwefelatom ersetzt wird.) Ausgangspunkt dieser Theorie ist die Überlegung, dass heute beobachtete grundlegende biochemische Reaktionen noch immer Ähnlichkeiten mit dem ursprünglichen Stoffwechsel aufweisen müssen. Außerdem sind die biochemischen Kreisläufe von Stoffteilchen in Gang gesetzt worden, die Triebkraft besitzen, katalytisch wirken und sich unter den Bedingungen der Urerde immer wieder leicht bilden konnten. All diese Voraussetzungen erfüllen Thioester zusammen mit Eisen(II)-Ionen. Die reichlich vorhan- denen Metallkationen wirken als Elektronenquelle, wenn sie mit UV-Licht bestrahlt werden. Aus ihnen entstehen Eisen(III)-Ionen. Diese können die Rolle spielen, die später der atmosphärische Sauerstoff übernommen hat: Sie dienen als attraktive »Landeplätze« für Elektronen, sodass sich der Kreislauf schließt. Auch heute finden sich in jeder Zelle unterschiedliche Eisen-Schwefel- Proteine, und Thioester liefern Energie und übertragen Atomgruppen. Eine Eisen-Thioester-Welt ist in der Lage, die chemischen Rahmenbedingungen für die Bildung großer, kettenförmiger, vermehrungsfähiger Moleküle zu schaf- fen. Thioester sammeln Moleküle und koppeln sie aneinander. Dieser Vorgang, der eine Voraussetzung für das Leben ist, kann ohne Thioester nicht stattfinden. »Urerde« mit »Ursuppe« Der Vergleich mit erdähnlichen Planeten und die Untersuchung von Gasen, die aus Vulkanen austreten, weisen auf die vermutliche Zusammensetzung der irdischen Uratmosphäre hin: hauptsächlich N 2 , CO 2 , H 2 O und daneben eventuell CO, CH 4 und NH 3 . Durch Energiezufuhr aus Blitzen, Vulkanen oder UV-Strahlung können sich daraus – ähnlich wie beim Stanley-Miller- Versuch – Biomoleküle bilden. Beispiele für Biomoleküle Pyrimidin Purin Ribose Glucose Aminosäuren (R = Atomgruppe) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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