Chemie begreifen, Schulbuch

128 Ausblick und Rückschau H–J Der erste Abschnitt des Lehrbuchs erschließt mithilfe des Falsifikationsprinzips den Aufbau der Materie. Die Chemie interessiert sich vor allem für die Strukturen der Stoffteilchen. Diese liegen im Größenbereich eines Milliardstel Meters, den man als Nanoworld bezeichnen kann. Der zweite Abschnitt befasst sich mit Gesetzmäßigkeiten, die chemische Reaktionen lenken. Stoffumwandlungen lassen sich – wie alle Naturvorgänge – durch Beziehungen zwischen Zahlen abbilden: Das stöchiometrische Rechnen führt zu Vorhersagen über reagierende Stoffmengen. Die Gleichgewichtskonstante prognostiziert durch ihren Zahlenwert die Triebkraft einer Reaktion und die Auswirkung von Störungen auf das dynamische Gleichgewicht. Genauso sind Astronomen seit Jahrtausenden in der Lage, eine Sonnenfinsternis oder andere Himmelsereignisse im Voraus zu berechnen. Die Menschen in der Antike haben aufgrund dieser erstaunlichen prophetischen Fähigkeit der Mathematik eine Verbindung zur Religion vermutet. Auch Stoffumwandlungen wurden bis in die Neuzeit als übernatürlich und mystisch empfunden. Daran erinnern noch heute Fachausdrücke der Chemie: Ein Labor wird hermetisch abgeschlossen, weil Hermes einst der Schutzgott der Alchimisten war. Kristalle bilden sich in Mutterlaugen gleichsam wie bei einem Geburtsvorgang. Auch die Wörter Materie und Material stellen eine Verbindung zur Mütterlichkeit (lateinisch: mater = Mutter) her. Im Wort Substanz (lateinisch: sub- stare = darunter-stehen) zeigt sich die aristotelische Vorstellung, dass hinter allem stofflichen Wandel etwas Unveränderliches steht. Die Verbindung zur griechischen Mythologie wurde auch von modernen Chemikern aufrechterhalten, die neu entdeckte Elemente nach griechischen Sagengestalten benannten: Niob, Cadmium, Europium, Tantal und Promethium. In der Antike wurden den sieben »Planeten« (Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn) exakt die sieben damals bekannten Metalle zugeordnet (Au, Ag, Hg, Cu, Fe, Sn und Pb). Dieser »naturwissen- schaftliche« Hintergrund erleichterte auch die Einführung der jüdisch-christlichen Siebentagewoche im Römischen Reich. Als man die Planeten Uranus, Neptun und Pluto entdeckte, wurde zur gleichen Zeit die Liste der Metallelemente durch Uran, Neptunium und Plutonium erweitert. Mit Stoffumwandlungen – also Chemie – verbindet die Menschheit seit Anbeginn Geheimnisvolles oder Verbotenes: sei es das Feuer, die Herstellung von Gold, Arzneien und Schießpulver oder die Eingriffe in den Atom- und Zellkern im 20. Jahrhundert. Reagieren x-beliebige Stoffe immer vollständig miteinander? Was ist das Ziel der Chemie? Womit hat sich der vorangegangene Abschnitt befasst? Kann keine Reaktion stattfinden, falls die Gleichge- wichtskonstante klein ist? wird benutzt, um ungünstige Gleichgewichtslagen zu verschieben. Eine äußere Störung begünstigt die Hin- oder Rückreaktion. Dadurch stellt sich ein neues, der Störung entgegenwirkendes Gleichgewicht ein. – dh. die Kompensation von Hin- und Rückreaktion – führt zum Endzustand einer Reaktion. Gemäß dem MWG wandeln sich Stoffe nur dann um, wenn die Gleich- gewichtskonstante K hinlänglich groß ist. oder anders gesagt: das Kombinieren von Atomen zu beherrschen. Das Mol –»Packung und Stückzahl« zugleich – ermöglicht, Reaktionen sowohl in der Alltagswelt als auch in der Nanoworld zu beschreiben. ist mit bewährten Modellen beschrieben worden. Die Existenz der Nanoworld aus Elektronen, Atomen, Molekülen, Metall- und Ionengittern ist nicht absolut beweisbar – jedoch kein einziges Experiment war bisher in der Lage, diese theoretische Vorstellung zu falsifizieren. J Das Prinzip von Le Châtelier A–G Der Aufbau der Materie I Das dynamische Gleichgewicht H Die chemische Reaktion Abschließend werden die wichtigsten, bisher besprochenen Schritte zusammengefasst: Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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