Zeitbilder 5, Schulbuch

Wichtig waren auch die sozialen Aufgaben der Klöster. Im Sinne der Nächstenliebe wurden Arme verköstigt und teilweise gekleidet, Alte versorgt, Kranke gepflegt. Solcherart ersetzten die Klöster im Mittelalter in gewissem Maße eine staatliche Sozialfürsorge. Die Klöster – Zentren europäischer Gelehrsamkeit Neben Gebet und Arbeit schrieb die Regel des heiligen Benedikt den Nonnen und Mönchen auch vor, sich täglich mit heiliger Lesung zu beschäftigen. Q Vor allem muss man 2 oder 3 ältere Brüder bestimmen, die zur Zeit, in der die Brüder für Lesung frei sind (ca. 10–12 Uhr), im Kloster herumgehen. Sie sollen nachsehen, ob sich kein Bruder findet, der an geistiger Trägheit leidet und sich dem Müßiggang oder dem Geschwätz überlässt, statt aufmerksam zu lesen. (Aus der Regel des heiligen Benedikt, Kapitel 48) Gelehrte Mönche beschäftigten sich mit der Heiligen Schrift sowie den Schriften der Kirchenväter und anderer christlicher Autoren. Daher wurde der Umgang auch mit Manuskripten der klassischen Antike und deren Vervielfältigung durch Abschriften für die Klöster von Bedeutung. In diesen Bemühungen um Gelehrsamkeit unterstützten sie auch die Herrscher, um das Wissen zu mehren und für die Verwaltung brauchbare Männer heranzubilden. Auf solche Weise wurden zahlreiche Klöster im Verlauf des Mittelalters zu Zentren europäischer Gelehrsamkeit. Immer wieder Verfall – immer wieder Reformen Der Reichtum durch die vielen Einkünfte und die Ausübung von Macht und Herrschaft über die Bäuerinnen und Bauern sowie die Laienbrüder führten immer wieder zu einem Verfall des klösterlichen Lebens. Diese Zustände erregten Unmut in der Bevölkerung. Denn wenn die Nonnen und Mönche, der Stand der Betenden, versagten, stand die Weltordnung auf dem Spiel. Ein Vormund überantwortet seinen Schützling einem Kloster; die Mönche erhalten dafür Bezahlung. (Buchmalerei, aus: Corpus juris canonici Gregors IX., um 1300) „Der Münk, der buhlet umb das Wip“: Die Ordensregeln sahen ein sexuell enthaltsames Leben vor. Die Abbildung – Mönch und Nonne im Stock – sollte als abschreckendes Beispiel für Ordensleute dienen, die der Versuchung nicht widerstehen konnten. (Englische Buchmalerei, 14. Jh., British Library, London) Für die Stifter und die Menschen der Umgebung bestand Gefahr: Wer sollte für ihre ewige Seligkeit in Hinkunft beten? Also bemühten sich die Stifterfamilien oder deren Erben mit Hilfe befähigter Äbte oder Bischöfe, die Ordnung im Kloster wiederherzustellen. Solche Reformen waren in der Regel auf ein Kloster bezogen, ihr Erfolg währte jeweils über zwei oder drei Generationen. Seit dem 10. und 11. Jh. gewannen solche Reformen aber zunehmend an Boden. Abendländische Bedeutung erlangte die Reform, welche in der zweiten Hälfte des 10. Jh. von der Abtei in Cluny (910 gegründet) ausging. Dieses Kloster wurde von den Gründern direkt dem Papst unterstellt, da man nicht von weltlichen Fürsten oder Bischöfen abhängig sein wollte. Die clunyazensischen Reformer erlangten schließlich auch entscheidenden Einfluss auf das Papsttum. Sie wollten die „heidnisch“ gewordene Religion wieder verchristlichen. Alte, mythisch-heidnische Traditionen wurden nämlich vom Christentum oft bloß überformt und wirkten beispielsweise als Ahnenkult anstelle des Auferstehungsglaubens fort. Das Christentum hatte sich nach den Völkerwanderungen in Europa nämlich nicht, wie zu Zeiten des Urchristentums, als Religion der einfachen Leute von unten durchgesetzt. Es wurde den Menschen von den politischen Herrschern gewissermaßen als Staatsreligion aufgezwungen. Das Christentum im 8. und 9. Jh. bedeutete daher sicherlich weder ein einheitliches Glaubensverständnis noch eine einheitliche religiöse Praxis. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Begründe mit Hilfe der Quellen und des Autorentextes, warum gerade die Klöster zu Stätten der Kultur und Wissenschaft wurden. 2. Beurteile das neue Verständnis von Arbeit, das sich in den Klöstern herausbildete, für die Entwicklung der europäischen Wirtschaft. 3. Diskutiert darüber, wie nach eurer Auffassung die christlichen Kirchen bzw. der (christliche) Glaube das Leben der heutigen Menschen beeinflussen. Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche 97 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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