Zeitbilder 5, Schulbuch

„Schwertleite“ – ein Knappe wird Ritter. (Buchmalerei, 14. Jh.) Bei der Rittererhebung wurde ein Schwertsegen gesprochen: „Wir bitten dich, erhöre unsere Bitten und segne mit der Hand Deiner Majestät dieses Schwert, mit welchem sich Dein Diener zu umgürten wünscht. Segne es, damit es Verteidigung und Schutz für Kirchen, Witwen, Waisen und alle, die Gott dienen, gegen das Wüten der Heiden sein könne. Allen, die ihnen nachstellen, möge es Furcht, Angst und Schrecken einflößen.“ (Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens, S. 330.) My home is my castle Für den Adel galt es zunächst, befestigte Stützpunkte anzulegen – gegen räuberische Nachbarn, aber auch gegen die Normanneneinfälle und Ungarnzüge des 9. und 10. Jh. Erdwall und Holzpalisaden umgaben einen schlichten Wohnbau. Die Burg war das Zentrum der Macht des Herrn, seine Verwaltungszentrale, sein Herrschaftsinstrument im Umland. Ihre Stellung auf Anhöhen erleichterte die Verteidigung. Sie war Symbol für die gehobene Stellung ihres Besitzers. Sie war aber auch Zeichen seiner Distanz zum Volk, zu den Beherrschten der Umgebung. Steinburgen, welche die fronenden Bäuerinnen und Bauern sowie Dienstleute des Grundherrn in fünf- bis siebenjähriger Arbeit errichteten, wurden erst im 11. und 12. Jh. die Regel. Rittertum – Anspruch und Wirklichkeit Das Leben auf einer der vielen kleinen Burgen verlief in der Regel wenig romantisch: Q Auf einem schmalen runden Kofel [Bergkegel], inmitten von dichtem Wald, hohen Bergen, tiefen Tälern; Steine, Stauden, Stöcke sehe ich täglich allzu viele. Der Lärm der kleinen Kinder dringt mir durch und durch. Wohin ich schau, stört mich der Rost an dem Eisen, das ich einst führte [Schwert und Rüstung]. Ich sehe nur Kälber, Geißen, Böcke und im Winter Leute in Holzschuhen, schwarz, hässlich, rußverschmiert. (Oswald von Wolkenstein, 1426; nach: Brunner, Ritter – Knappen – Edelfrauen, 1981, S. 43) Ein Turnier: Das ritterliche Kampfspiel, das nach festen Regeln durchgeführt wurde, diente u.a. der Vorbereitung auf den Krieg. (Schloss Runkelstein bei Bozen-Bolzano in Südtirol, 14. Jh.) Die ganze Pracht des Rittertums entfaltete sich nur selten. Nur wenige Burgherren konnten sich solche standesgemäßen Feste leisten, wo etwa Dichtung öffentlich vorgetragen wurde und die Haudegen ihr Rittertum in Turnieren darstellen konnten. Es kam dabei aber häufig zu „Unfällen“. Sie forderten mehr Todesopfer als so manche kriegerische Auseinandersetzung. L Als notwendige Aggressionsabfuhr und Tummelplatz, bei dem es viel Geld zu verdienen gab, gibt das Turnier den müßigen Rittern, die wegen der Einschränkung des echten Krieges und der Fehden nichts zu tun haben, eine Beschäftigung und fördert zugleich deren kriegerische Gewandtheit. (Duby, Der Sonntag von Bouvines, 1988, S. 93) Nenne Spiele, die gegenwärtig der Aggressionsabfuhr dienen. Diskutiert darüber. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Benenne die Merkmale der Adelsgesellschaft im Mittelalter. Arbeite die Unterschiede dieses Standes zu den anderen Ständen heraus. 2. Vergleiche den Anspruch an Ritter, der u. a. in der Zeremonie der „Schwertleite“ und im Schwertsegen deutlich wird, mit der Wirklichkeit (Quellen, Autorentext). Diskutiert, inwiefern „ritterliche“ Werte heute noch von Bedeutung sind. 3. Verfasse eine Darstellung über die mögliche Vielfalt eines ritterlichen Lebensalltags. 4. Diskutiert darüber, wen man heute als „Adel“ („Herren“) in unserer Gesellschaft bezeichnen könnte. Denkt dabei an Reichtum, politischen Einfluss etc. Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche 95 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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