Zeitbilder 5, Schulbuch

7. Bauern und Grundherrschaft Der bäuerliche Festkalender aus dem Sachsenspiegel veranschaulicht die Abgaben und Dienste der Bäuerinnen und Bauern für ihre Grundherren: Dammbau, Lämmerabgabe, Geldzinsabgabe. (Heidelberger Sachsenspiegel, Buchmalerei um 1300–1315, Universitätsbibliothek Heidelberg) Die Bäuerinnen und Bauern und die in der Landwirtschaft Tätigen bildeten im Mittelalter mit mindestens 90% den größten Teil der Bevölkerung. Heute sind in Österreich nur mehr knapp 5% der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt. Das freie Bauerntum war in der Übergangszeit vom Früh- zum Hochmittelalter (7. und 8. Jh.) in Mitteleuropa einem vom Grundherrn abhängigen Bauerntum gewichen. Vielfach hatten sich ursprünglich freie Bäuerinnen und Bauern mit ihrem Landbesitz in die Abhängigkeit eines Grundherrn begeben, um nicht mehr im königlichen Heerbann in den Krieg ziehen zu müssen oder um sich vor Übergriffen anderer Mächtiger zu schützen. Dafür erhielten sie ihr Land zur Bearbeitung zurück und hatten dem Grundherrn als Hörige Gegenleistungen zu bieten: entweder als Grundpacht bzw. Zins (Abgaben vom Ernte- und Viehertrag, später Geldabgaben etc.) oder als Dienste (Arbeitsleistungen wie Pflugarbeit, Erntearbeit, Instandsetzungsarbeiten = Fronen). Die Formen der Abhängigkeit waren von Grundherrschaft zu Grundherrschaft verschieden. Doch in der Regel war der Bauernstand nicht mehr frei und unabhängig. Er blieb es jedoch weitgehend dort, wo er an der Verteidigung des Landes mitwirkte – wie z. B. in Tirol. Mit der Zunahme der Geldwirtschaft ab dem 12. Jh. wurde der Besitz von Geld für die Grundherren immer interessanter. Sie ließen sich nun die bäuerlichen Frondienste und Naturalleistungen zunehmend durch Geldbeträge ablösen. Dadurch wurde die wirtschaftliche Abhängigkeit der Bauernschaft von ihren Grundherren weniger unmittelbar. In der bildhaften Sprache des Mittelalters bezeichnete man die Bäuerinnen und Bauern als „die Füße“, welche den gesamten Volkskörper zu tragen hatten. Sie schufen nämlich die Nahrungsgrundlagen für Klerus und der Adel. Q So Buwe mit dem Phluoce / so geniuzent din genuoge. / din geniuzent sicherliche / der Arme und der Riche. / manec Künec wirt gekroenet / von dez Buwes Stiuwer [Steuer, Abgabe]. (Wernher der Gärtner, Meier Helmbrecht, 13. Jh.) Die wirtschaftliche Leistung der Bauernschaft ermöglichte es nämlich erst den Adeligen, den Rittern und der Geistlichkeit, ihren Lebensstandard zu entwickeln. Sie finanzierten letzten Endes die kostspielige militärische Ausrüstung (ein Brustpanzer kostete im 11. Jh. etwa so viel wie der Jahresertrag eines mittleren Gutes). Sie kamen auch für die kostbaren liturgischen Geräte (z. B. Kelche, Kreuze) sowie für den Bau der Kirchen, Klöster und Burgen auf. Die Grundherrschaft war somit eine Einrichtung, die schließlich das gesamte bäuerliche Leben vom Hochmittelalter bis ins 19. Jh. bestimmte. Die Bevölkerung wächst und muss ernährt werden Die Versorgung der wachsenden Bevölkerung war nicht leicht. Es wurde vor allem Getreide angebaut, denn die Viehhaltung ist für die Ernährung nicht so ergiebig. Zwei Voraussetzungen bildeten die Grundlage für die erhöhte Nahrungsmittelproduktion: Erstens wurde bisher unberührter Urwald gerodet, Sümpfe trockengelegt und Dämme errichtet (Binnenkolonisation). Durch Begünstigung der Rodungsbauern (z.B. weniger Steuern und Abgaben) war es gelungen, die bebaubare Fläche beträchtlich zu vergrößern. Eine besondere Form des Landausbaus bildete ab dem 11. Jh. die Kolonisation bei den östlichen Nachbarn des Reiches, bei den Polen, Böhmen und Ungarn. Als Kolonisten wurden Bäuerinnen und Bauern, Handwerkerinnen und Handwerker sowie Händlerinnen und Händler von slawischen und ungarischen Fürsten ins Land geholt. Diese „Ostkolonisation“ hat das Gesicht Osteuropas beeinflusst, ja zum Teil entscheidend bis zum Jahr 1945 geprägt. Zweitens wurde der vorhandene Boden intensiver genutzt: Wo es die Möglichkeit gab, wurde Weideland in Ackerland umgewandelt. Damit wurde die Rinderhaltung zurückgedrängt. Deshalb war jedoch die natürliche Düngung des Bodens vielfach nicht mehr gesichert. Die erste künstliche Düngung mit Mergel (ein Sedimentgestein, gemischt aus Kalk und Ton) machte zwar die Wirkstoffe im Boden für die Pflanzen besser verfügbar, vermehrte sie aber nicht. Der Acker war also bald „ausgemergelt“. Die allmähliche Verbreitung der Dreifelderwirtschaft seit der Karolinger-Zeit steigerte die Erträge, weil öfter geerntet werden konnte als bei der Zweifelderwirtschaft. Dabei wurde auf einem Feld abwechselnd Wintergetreide und Sommergetreide angebaut, während im dritten Jahr das Feld brach lag. Das verhinderte ein Auslaugen der Böden. Eine Grundvoraussetzung war die Verwendung des schwereren Beetpfluges. Er riss die Erde nicht nur auf, sondern wendete die Scholle. Dazu bedurfte es einer verbesserten Zugkraft. Diese wurde durch die Anspannung entweder von mehreren Zugochsen oder durch die bessere Ausnutzung der Pferdestärke durch Kummet 92 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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