Eine erste wichtige Maßnahme war, dass nicht nur die Menschen der Mehrheitsgesellschaft diese Kompetenzen erwerben sollten, sondern auch die Migrantinnen und Migranten entsprechend auszubilden und einzusetzen sind – z. B. als Lehrerinnen und Lehrer, Beraterinnen und Berater, Berufsausbilderinnen und Berufsausbildner oder auch als Vertreterinnen und Vertreter in Wirtschaft und Politik. Doch allmählich stellte es sich heraus, dass diese Vorstellung von „interkultureller Kompetenz“ doch noch zu kurz gegriffen hat. Was hieße z.B. interkulturell kompetent zu handeln, wenn die Handlungsmöglichkeiten, z. B. zu beraten, durch einschränkende gesetzliche Regelungen begrenzt sind? Die Kritik, dass die meisten Ansätze zu „interkultureller Kompetenz“ auf die Handlungsfähigkeit der einzelnen Personen bezogen sind, ohne die wichtigen Rahmenbedingungen (wie z.B. Gesetze) des jeweiligen Handelns und die Machtunterschiede zwischen den Beteiligten genügend zu berücksichtigen, führte zum Konzept der „interkulturellen Öffnung“. Dieses Konzept erweitert die auf die einzelnen Personen bezogene „interkulturelle Kompetenz“. Es meint L die Umgestaltung von Einrichtungen und Diensten derart, dass ihre Angebote auf die Bedürfnisse einer Migrationsgesellschaft ausgerichtet sind. Sie soll es Migrantinnen und Migranten grundsätzlich ermöglichen, die Angebote auch wahrzunehmen. Zugangsbarrieren für Migrantinnen und Migranten zu Kultur, Bildung, Arbeit und zu sozialen Angeboten werden abgebaut. Interkulturelle Öffnung bezieht auch die Stadt- und Regionalentwicklung ebenso ein wie die staatliche Gesetzgebung. (Zusammengefasst nach Mecheril 2010, S. 88 ff., gek. u. bearb. d. A.) Nehmt Stellung und diskutiert. 1. Nehmt einleitend zu folgenden Fragen Stellung: −− Will ich mich mit dem Fremden überhaupt auseinandersetzen? Warum? Warum nicht? −− Was könnte passieren, wenn ich mich darauf einlasse? −− Wo könnte es notwendig oder sinnvoll sein, Unterschiede zwischen dem Eigenen und dem Fremden durchaus auch deutlich zu machen? (Dabei ist darauf zu achten, dass ihr als Schülerinnen und Schüler nicht gegen euren Willen zu Aussagen genötigt werdet!) (Dieses Projekt kann auch abgewandelt werden auf die jeweilige Schule, Gemeinde oder Stadt.) 2. Setzt euch nach Diskussion dieser jeweils persönlichen Zugänge in einem weiteren Schritt mit folgenden Fragen auseinander: −− Was heißt eigene Kultur? −− Was bedeutet „Heimat“? −− Wo liegen die Grenzen der Heimat? −− Wo beginnt das Fremde? Projektvorschlag: Daheim-Sein und Fremd-Sein in Österreich Fertigt in Gruppen dazu Plakate an, stellt die Ergebnisse vor und diskutiert diese. In einem nächsten Schritt wird die Thematik in Bezug auf Identität(en) verdichtet. 1. Bearbeitet dazu zunächst den vorgegebenen Fragenkatalog: −− Was ist deiner Meinung nach das „Besondere an Österreich“? Was macht deiner Meinung nach die „österreichische Identität“ aus? −− Was, meinst du, sehen Menschen aus deiner Umgebung als das „Besondere an Österreich“? Was, meinst du, macht für die Menschen aus deiner Umgebung die „österreichische Identität“ aus? 2. Fasst die Ergebnisse zusammen. Versucht, das „Besondere an Österreich“, die „österreichische Identität“ aufgrund der Ergebnisse der Diskussionen zu charakterisieren. 3. Finde je ein Beispiel für etwas „typisch Österreichisches“, das du positiv bzw. negativ beurteilst. Erweitert den Fragenkatalog um Perspektiven, wie sie Migrantinnen und Migranten in Österreich bzw. migrantische (Mit-)Schülerinnen und Schüler einbringen könnten: 1. Wo fühlst du dich zu Hause (Österreich – Herkunftsland)? In welcher Sprache fühlst du dich wohler (Muttersprache – Deutsch)? Welche Tradition pflegt ihr in eurer Familie (Ö, H)? Hast du viele Kontakte zu deinem Herkunftsland/dem Herkunftsland deiner Eltern bzw. Großeltern (ja, nicht viel, überhaupt nicht)? Fühlst du dich als Österreicherin bzw. Österreicher (ja, nicht wirklich, überhaupt nicht)? Pflegst du deine Religion in Österreich (ja, zum Teil, nein)? Kannst du deine Religion in Österreich in der Öffentlichkeit leben (ja, zum Teil, nein)? Hast du mehr österreichische Freunde oder verstehst du dich mit den Gleichaltrigen aus deinem Herkunftsland (dem Herkunftsland deiner Eltern, Großeltern) besser? Gibt es in Österreich Ereignisse, die dich besonders geprägt haben? Wenn ja, welche? (Die Fragen wurden modifiziert und ergänzt nach Klaus Edel: Projekte zur Identität. In: Historische Sozialkunde 3/2003, S. 41) 2. Fasst die Ergebnisse zusammen. Könnt ihr unter Bezugnahme auf das Konzept des „Othering“ Klischees, Vorurteile etc. erkennen? Diskutiert die Ergebnisse auch in Bezug auf die Themen „interkulturelle Kompetenz“ und „interkulturelle Öffnung“. Inwiefern stellen sich diese beiden Zugänge als nützlich dar für das Miteinander-Umgehen im interkulturell geprägten Alltag Projektvorschlag: Daheim-Sein und Fremd-Sein in Österreich Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche 81 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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