Zeitbilder 5, Schulbuch

Ausbeutung. Der renommierte amerikanische Sklaverei-Forscher Kevin Bales unter scheidet die alte Sklaverei früherer Zeiten von den Erscheinungsformen der modernen Sklaverei, die sich heute jeder juristischen Legalität entziehen: „In der Vergangenheit bedeutete Sklavenhaltung, dass eine Person eine andere rechtmäßig besaß; in der modernen Sklaverei ist dies nicht der Fall. Heute ist Sklaverei weltweit verboten, daher ist es nicht mehr möglich, Menschen legal zu besitzen. Kauft jemand heutzutage Sklaven, verlangt er keine Quittung oder Eigentumsurkunde, sondern erwirbt die Verfügungsmacht über einen anderen und setzt Gewalt ein, um diese aufrechtzuerhalten. Sklavenhalter genießen alle Vorteile der Inhaberschaft, ohne gesetzlich dazu berechtigt zu sein. In Wirklichkeit ist es für Sklavenhalter sogar von Vorteil, nicht rechtmäßige Besitzer zu sein, da sie so die Sklaven völlig ihrer Kontrolle unterwerfen können, ohne eine wie auch immer geartete Verantwortung für sie zu übernehmen. Daher ziehe ich die Bezeichnung Sklavenhalter dem Begriff Sklavenbesitzer vor.“ Nach Bales‘ Einschätzung wirkt sich die fehlende Rechtmäßigkeit bei modernen Formen der Sklaverei also sogar zum Nachteil der versklavten Menschen und zum Vorteil der Sklavenhalter aus. Bales schätzt, dass heute mindestens 27 Millionen Menschen in sklavereiähnlichen Verhältnissen leben. Die Dunkelziffer ist wohl erheblich höher. (Gregor Delvaux de Fenffe, http://www.planet-wissen.de/politik_geschichte/menschenrechte/sklaverei/index.jsp; 12. 4. 2023) M8 Zahl der Opfer von moderner Sklaverei gestiegen Die Zahl der Menschen, die zu Opfern moderner Sklaverei werden, ist Schätzungen zufolge in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das geht aus dem jüngsten „Global Slavery Index“ der Menschenrechtsorganisation Walk Free hervor […]. Für den aktuellen Bericht definierte Walk Free verschiedene ausbeuterische und missbräuchliche Praktiken wie Zwangsarbeit, Kinderarbeit oder Zwangsehen als Formen moderner Sklaverei. Weltweit seien 50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei gefangen – das sind zehn Millionen mehr als noch vor fünf Jahren. Besonders in Gefahr, ausgebeutet zu werden, sind dem Bericht zufolge Menschen, die wegen Klimawandels, Konflikten und intensiver Wetterereignisse ihre Heimat verlassen müssen. Auch eine weltweite Einschränkung der Frauenrechte sowie wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie verschärfen laut Bericht die Situation. Am weitesten verbreitet ist die moderne Sklaverei dem Bericht zufolge in Nordkorea, Eritrea, Mauretanien, Saudi-Arabien, der Türkei, Tadschikistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Russland, Afghanistan und Kuwait. Doch auch in den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern der G-20 gibt es viele Menschen, die ausgebeutet werden. Allein in Indien wird dem Bericht zufolge von einer Zahl von elf Millionen ausgegangen; fünf MilM8 lionen sind es in China, 1,8 Millionen in Russland, 1,3 Millionen in der Türkei und 1,1 Millionen in den USA. Kritisch sehen die Menschenrechtler auch den Import von Gütern, die häufig in Verhältnissen hergestellt werden, die auf Zwang oder Abhängigkeit basieren. „Risikoprodukte“ werden jedes Jahr im Wert von 468 Milliarden US-Dollar (rund 434 Mrd. Euro) in die G-20-Staaten importiert. Dazu gehören unter anderem Elektronik, Bekleidung und Palmöl. (https://orf.at/stories/3317808/, 24.5.2023; abgerufen am 30.5.2023) M9 Zwei kambodschanische Mädchen sammeln recycelbare Flaschen und Dosen in Phnom Penh (Fotografie, 12. Juni 2011) Die ILO (International Labour Organisation) schätzt, dass über 300 Millionen Mädchen und Buben zwischen 5 und 17 arbeiten und ihre Rechte (z.B. Schulbildung, Gesundheit, Freizeit) verletzt werden. Mehr als die Hälfte dieser Kinder sind betroffen von Sklaverei oder andere Formen von Zwangsarbeit, Drogenhandel, Prostitution. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse ausgehend vom Autorentext und der darin angeführten Quellen (S. 66–71) sowie der Quelle M1 die Ursachen und Erscheinungsformen antiker Sklaverei zusammen. 2. Fasse ausgehend vom Autorentext und den Quellen auf S. 66 sowie der Darstellung M7 bzw. der Quellen M8 und M9 auch die Ursachen und Erscheinungsformen der neuzeitlichen und modernen Sklaverei zusammen. 3. Vergleiche nun die Unterschiede und Gemeinsamkeiten antiker und moderner Sklaverei. 4. Erörtere anschließend die gesellschaftliche Beurteilung von Sklaverei in der Antike und heute. 5. Betrachte die Bildquelle M2 und beschreibe ihre Inhalte und (möglichen) Botschaften. Welche Einstellung zur Sklaverei kann man darin erkennen? Welche Gedanken, welche Gefühle löst dieses Bild in dir aus? 6. Vergleiche die Quelle M2 und die Darstellung M3 mit den Quellen M4, M5, M6: Erläutere, wie sich die Einstellung zur Sklaverei seit Ende des 18. Jh. entwickelt hat und auf welche gesellschaftspolitischen Ideen dies zurückzuführen ist. 7. Vergleiche die Quellen M4 und M5: Wo ist laut amerikanischer Verfassung die Sklaverei verboten, wo laut österreichischem Strafgesetz von 1852? Versuche, das unterschiedliche Strafausmaß im österreichischen Strafgesetz zu erklären. 8. Diskutiert über die gegenwärtigen Formen von Sklaverei. Entwickelt Vorschläge, wie man persönlich bzw. durch gesetzliche Maßnahmen die weltweite Sklaverei eindämmen könnte. M9 Die antike Welt – Griechenland und Rom 73 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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