Zeitbilder 5, Schulbuch

Seit der Herausbildung einer differenzierten Gesellschaft in den Hochkulturen kennen wir eine besondere Art der Abhängigkeit des Menschen von anderen Menschen – die Sklaverei! Wenn es auch im Wandel der Jahrtausende verschiedene Ausformungen der Sklaverei gab, so verstehen wir darunter immer noch: ––den Verlust der persönlichen Freiheit und damit aller persönlichen Rechte durch völlige Abhängigkeit von einer anderen Person, in deren Eigentum eine Sklavin oder ein Sklave gleichsam übergeht; ––die unbeschränkte Gewalt über diese Menschen, die bis zur Macht über Leben und Tod reichen kann. Sklaverei gibt es heute noch! Am 10. Dezember 1948 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. Ihr Artikel lautet: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde geboren“. Und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Artikel 4) heißt es: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden“, und: „Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten“. Doch das Bekenntnis der UN-Mitgliedsstaaten zum Verbot der Sklaverei steht in krassem Gegensatz zur Wirklichkeit im 21. Jh. Eine finanziell besonders ertragreiche Form der Ausbeutung ist der Menschenhandel. Q50 Millionen Menschen leben in moderner Sklaverei Laut den aktuellen globalen Schätzungen zu moderner Sklaverei lebten im Jahr 2021 50 Millionen Menschen in Formen moderner Sklaverei. Davon waren 28 Millionen Menschen in Zwangsarbeit und 22 Millionen in Zwangsehen gefangen. Die Anzahl der Menschen, die in moderner Sklaverei leben, ist in den letzten fünf Jahren signifikant angestiegen. So befanden sich im Jahr 2021 zehn Millionen Menschen mehr in moderner Sklaverei als noch im Jahr 2016. Frauen und Kinder sind dabei weiterhin besonders gefährdet. […] Längsschnitt: Sklaverei – Unmenschlichkeit seit Jahrtausenden Zwangsarbeit Der überwiegende Teil der Zwangsarbeit (86 %) findet im privaten Sektor statt, staatlich angeordnete Zwangsarbeit macht 14 % […] aus. 23 % aller Fälle von Zwangsarbeit entfallen auf kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen […]. Fast 80 % aller Personen, die von kommerzieller sexueller Zwangsausbeutung betroffen waren, sind Frauen oder Mädchen. Fast jeder achte von Zwangsarbeit betroffene Mensch ist ein Kind (3,3 Millionen), davon die Hälfte in kommerzieller sexueller Ausbeutung. Zwangsehen Geschätzt 22 Millionen Menschen lebten im Jahr 2021 in Zwangsehen. […] Dabei ist die tatsächliche Anzahl von Zwangsehen, vor allem derjenigen, die Kinder im Alter von 16 Jahren oder jünger betreffen, wahrscheinlich deutlich höher als die aktuellen Schätzungen vermuten. […] Kinderheirat wird als Zwangsehe aufgefasst, da Kinder nicht in der Lage sind, einer Heirat legal zuzustimmen. […] Die große Mehrheit von Zwangsehen (mehr als 85%) resultiert aus familiärem Druck. […] Migrantinnen und Migranten besonders von Zwangsarbeit bedroht Wanderarbeiter/innen sind mehr als dreimal so häufig von Zwangsarbeit betroffen wie nicht migrierende erwachsene Arbeitnehmer/innen. […] (Moderne Sklaverei: 50 Millionen Menschen leben in moderner Sklaverei (ilo.org), Pressemitteilung vom 12.9.2022; abgerufen am 5.6.2023) Q Grace Forrest, Gründungsmitglied der australischen Menschenrechtsorganisation Walk Free, sagt über die globale Auswirkung moderner Sklaverei: Die moderne Sklaverei durchdringt jeden Aspekt unserer Gesellschaft. Sie ist in unsere Kleidung eingewoben, beleuchtet unsere Elektronik und würzt unser Essen. (https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/ moderne-sklaverei-ausbeutung-studie-anstieg-100.html; ZDF Beitrag vom 24. 5. 2023, 8.28 Uhr; abgerufen am 5.6.2023) Stelle fest, ob es ähnliche Formen von Sklaverei in der Gegenwart gibt. Ermittle dazu mit Hilfe der Online-Archive österreichischer Tageszeitungen und Zeitschriften. Erstellt dazu in Kleingruppen eine eigene Wandzeitung und präsentiert sie in der Klasse. Die Antike als schlechtes Vorbild Schon in der Antike war die Verschuldung der wirtschaftlich Schwachen ein häufiger Grund für die Versklavung. Sie hafteten den Gläubigern nicht nur mit ihrem Besitz, sondern auch mit ihrer Person und der ganzen Familie. In Athen verbot schon der Politiker Solon 594 v. Chr. diese Schuldknechtschaft (siehe S. 18). In Rom wurde sie erst im späten 4. Jh. v. Chr. abgeschafft. Wie streng gegen solche Schuldner vorgegangen wurde, beweist das Zwölf-Tafelgesetz: Kriegsgefangene werden in die Sklaverei geführt. (Ägyptisches Relief, Abu Simbel) Längsschnitt 66 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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