19. Gesellschaft und Geschlechterrollen in Rom In Rom herrschen klare Standesunterschiede Seit Beginn der Republik war die römische Gesellschaft in klar voneinander abgegrenzte Stände gegliedert. Diese scharfe Trennung der Bevölkerungsschichten wurde bis in die Spätantike beibehalten. Die Spitze der Gesellschaftspyramide bildete die Nobilität. Diese sehr reiche Senatsaristokratie war bis zum Ende der Republik allein für die Regierung des zum Großreich angewachsenen Stadtstaates verantwortlich. Mit der römischen Expansion im Zweiten Punischen Krieg bildete sich der Ritterstand heraus. Er erlangte nicht annähernd die politische Bedeutung des Senatorenstandes. Seine Mitglieder aber brachten es als Statthalter, Steuerpächter, Geldverleiher, (Fern-)Händler und Hausvermieter teilweise zu riesigen Vermögen. Mit dem Übergang zur Monarchie änderte sich dieses soziale Gefüge nur wenig. Neu war nun, dass anstelle rivalisierender Parteien oder Einzelpersonen das Kaiserhaus an der Spitze dieser Pyramide stand und sich die Zahl der sozial Privilegierten erweiterte: Seit der Verleihung des Bürgerrechts an die Bundesgenossen (88 v. Chr.) war die italische Oberschicht allmählich in die führenden römischen Kreise aufgestiegen. Bereits zu Beginn der Kaiserzeit erhielten immer mehr Provinzbewohner das Bürgerrecht und wurden damit in die römische Gesellschaft einbezogen: Waren es im Jahre 28 v. Chr. erst wenig mehr als vier Millionen, so zählte man unter Kaiser Claudius bereits knapp sechs Millionen Bürger. Die gesellschaftliche Spitze in den insgesamt mehr als 1000 Städten stellten die Stadträte. Manchen von ihnen gelang es sogar, in den Ritter- und Senatorenstand aufzusteigen. Mit dem Spanier Trajan bestieg am Ende des 1. Jh. erstmals ein Provinziale den Kaiserthron. Dieser bevorzugten „Reichsaristokratie“ stand die breite Masse der Unterschicht gegenüber. In den Städten war das die Bevölkerung, die mit Handwerk, Handel, Musik und Schauspielerei ihren Lebensunterhalt verdiente, arme und reiche Freigelassene, Sklavinnen und Sklaven, aber auch Ärzte, Pädagogen und Ingenieure. Auf dem Land zählten die freie, mitunter wohlhabende bäuerliche und kleinbäuerliche Bevölkerung, die Tagelöhnerinnen und Tagelöhner, die Freigelassenen und die vielen ländlichen Sklavinnen und Sklaven dazu. Grundbesitz und Herkunft sind entscheidend Die Aristokratie zeichnete aus: ihre mit der besonderen Abstammung verbundene Autorität, das Zusammengehörigkeitsgefühl, Privilegien und ein großes Vermögen. Nicht Bargeld war unmittelbares Zeichen des Reichtums, sondern der große Grundbesitz, dessen Wert natürlich in Geld ausgedrückt wurde. Unter den Senatoren gab es riesige Vermögensunterschiede: Für die Aufnahme in diesen Stand war seit Augustus ein Mindestvermögen von 1 Mio. Sesterzen erforderlich. Plinius der Jüngere, der kaiserliche Statthalter, schätzte sich mit seinem Vermögen von 20 Mio. Sesterzen nur als „bescheiden reich“ ein. Crassus, Mitglied des Ersten Triumvirats, soll durch Bergwerke und Landbesitz ein Vermögen von 170 Mio. Sesterzen erwirtschaftet haben, der Senator Lentulus zu Beginn der Kaiserzeit sogar 400 Mio. Am reichsten waren dennoch die Kaiser: Augustus schrieb, er habe für öffentliche Bauten, Spiele, Geschenke an die Plebs und Soldaten, aber auch zur Unterstützung der Staatskasse mehr als 2 Milliarden ausgegeben. Für einen nicht im Senatorenstand Geborenen war es kaum möglich, zu dieser Elite aufzusteigen. Nur durch persönliche, politische oder militärische Leistungen für den Kaiser konnte dieser Aufstieg gelingen. Landhaus eines reichen Römers. (Wandgemälde aus Pompeji, 1. Jh.) Ritter, Stadträte und Neureiche Die Zahl der Senatsmitglieder in der Prinzipatszeit blieb mit ca. 600 Senatoren recht konstant. Die – geschätzten – 20000 Ritter zur Zeit des Augustus bekamen in der Kaiserzeit ständigen Zuwachs aus der reichen provinzialen Oberschicht. Sie erhielten Zutritt zu den hohen Ämtern der kaiserlichen Verwaltung. Sie benötigten 400 000 Sesterzen als Vermögensnachweis für die Aufnahme in den zweithöchsten Stand der römischen Gesellschaft. Die Ritter lebten aber in unterschiedlichen Verhältnissen: Manche konnten sich kaum die standesgemäße, aufwändige Lebensführung leisten, andere wiederum waren weitaus reicher als ein Großteil der Senatoren. Im Römischen Reich gab es keine regelmäßige staatliche Sozialfürsorge. Daher kamen neben dem Kaiser und den Senatoren auch die vermögenden Ritter, die Oberschicht in den Städten, aber auch die reichen Freigelassenen immer wieder für die Versorgung der Unterschichten mit „Brot und Spielen“ auf. Kaiser Trajan kümmerte sich in besonderer Weise um bedürftige Landkinder in Italien: Er vergab an die Grundbesitzer Darlehen, von dem sie nur die Zinsen (5%) zurückzahlen mussten. Diese Zinsrückzahlungen kamen in die so genannte Alimentarstiftung, aus der arme Kinder eine monatliche Geldunterstützung bekamen (Buben 16, Mädchen 12 Sesterzen). Damit konnten sich auch ärmere Ehepaare mehrere Kinder „leisten“, Gutsbesitzer wiederum kamen zu billigem Geld für notwendige Investitionen. 54 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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