Zeitbilder 5, Schulbuch

Die Prinzipien der römischen Verfassung – Kollegialität, Annuität, Iterationsverbot sowie die festgelegte Ämterlaufbahn – waren schon lange nicht befolgt worden. Bereits im Zweiten Punischen Krieg war Cornelius Scipio 26-jährig, ohne je Konsul gewesen zu sein, als Feldherr nach Spanien geschickt worden. Tiberius Gracchus ließ sich zweimal hintereinander zum Volkstribun wählen, Marius gleich viermal in Folge zum Konsul. Sulla wurde zeitlich unbeschränkter Diktator. Der Optimat Pompeius wiederum besiegte im Jahr 67 v. Chr. mit einer weit über die Verfassung hinausgehenden Befehlsgewalt die Seeräuber im Mittelmeer. In den darauf folgenden Jahren unterwarf er ganz Kleinasien, Syrien und Judäa. Auch das Königreich Armenien wurde von den Römern abhängig. Erstes Triumvirat – Privatleute teilen sich die Macht Pompeius hatte nach seinem siegreichen Feldzug im Osten das Heer ordnungsgemäß in der Heimat entlassen. Doch der Senat verweigerte ihm nun die Versorgung der Veteranen. Daraufhin schloss sich der „beste Feldherr“ mit Crassus, dem reichsten Römer jener Zeit, und dem aufstrebenden Politiker Caesar zu einem Privatbund zusammen, „damit in der Politik nichts unternommen werden sollte, was einem der dreien missfalle“ (Erstes Triumvirat, 60 v. Chr.). Schon der antike Schriftsteller Plutarch bezeichnete diesen Geheimbund als „Verschwörung zur Verteilung der Herrschaft und Auflösung der Verfassung“. Das Triumvirat zerfiel, als Crassus im Osten des Reiches im Kampf gegen die Parther fiel. Pompeius bekämpfte als „Konsul ohne Kollegen“ das Bandenunwesen in Rom. Caesar dagegen eroberte in einem achtjährigen Krieg fast das gesamte Gebiet des heutigen Frankreich. Caesars Alleinherrschaft – Monarchie ohne Krone Von dort aus trat Caesar den Kampf um die Alleinherrschaft an. 49 v. Chr. marschierte er mit seinen kampferprobten und ihm treu ergebenen Truppen nach Italien ein („Die Würfel sind gefallen!“) und besetzte die Hauptstadt. In Griechenland besiegte Caesar das Heer des Pompeius, der auf der Flucht nach Ägypten ermordet wurde. Dort verhalf Caesar der jungen und schönen Kleopatra auf den Königsthron. Nach weiteren Siegen gegen die Pompeianer in Afrika und Spanien konnte er im Jahre 45 v. Chr. endlich als „Herr des ganzen Reiches und aller Heere“ seine Alleinherrschaft antreten. Caesar wurde mit außerordentlichen Machtbefugnissen ausgestattet – wie noch kein römischer Politiker vor ihm: Wiederholt wurde er zum Konsul gewählt, zum höchsten Priester (Pontifex Maximus) bestellt, mit den Rechten eines Volkstribunen ausgestattet und zuletzt zum Diktator auf Lebenszeit ernannt. Dazu erhielt er zahlreiche Ehrungen: das Recht, einen Lorbeerkranz tragen und sein Porträt auf Münzen prägen zu dürfen – bisher ein Vorrecht der hellenistischen Könige –, die Umbenennung seines Geburtsmonats in „Julius“ und zuletzt sogar die Aufstellung seiner Statue mit der Inschrift „dem unbesiegbaren Gotte“. Nur die Annahme der Königskrone lehnte er ab. Aus weltanschaulichen Motiven (Verlust der republikanischen Freiheit) und aus persönlichen Gründen wuchs aber der Widerstand gegen ihn. Schließlich ermordete ihn eine Gruppe von Verschwörern um die beiden Senatoren Brutus und Cassius während einer Senatssitzung (44 v. Chr.). Mit der Ansiedlung von 80 000 Kolonisten in den Provinzen und der großzügigen Verteilung des römischen Bürgerrechts auch an Provinzbewohner schuf Caesar die Voraussetzungen zur kaiserlichen Reichsidee. Welthistorisch bedeutsam war die Einführung des nach ihm benannten „Julianischen“ Kalenders. Eine Münze zur Erinnerung an den Tod Caesars. Vorderseite: Brutus, Rückseite: Dolche der Verschwörer und eine Inschrift zum Gedenken an die Iden des März 44. (Denar des Brutus, 43–42 v. Chr.) Der Übergang zum Kaiserreich Der Ermordung Caesars folgte nicht eine glanzvolle Wiederherstellung der Republik, sondern ein weiterer Bürgerkrieg. Im allerletzten Machtkampf standen einander Caesars Freund, Mark Anton, und Caesars Großneffe und Alleinerbe, Oktavian, gegenüber. Oktavian beherrschte den Westen. Mark Anton regierte den griechisch sprechenden Osten von Ägypten aus, wo er sich mit Königin Kleopatra vermählt hatte. Oktavian besiegte die beiden 31 v. Chr. in der Seeschlacht von Aktium (an der Westküste Griechenlands). Ein Jahr später eroberte er das Ptolemäerreich. Ägypten wurde römische Provinz. 27 v. Chr. meldete der 36-Jährige dem Senat, dass er die Republik wiederhergestellt habe. Oktavian erklärte sich bereit, als Privatmann auf seine Güter zurückzukehren. Doch der von ihm bereits „gesäuberte“ Senat bestürmte ihn, die Führung der Republik beizubehalten, und verlieh ihm den neuen Ehrentitel „Augustus“ (der Erhabene). Oktavian nahm die Bitte an und nannte sich nunmehr Imperator Caesar Augustus, was künftig fester Bestandteil jedes Kaisernamens war. Fragen und Arbeitsaufträge 1. In vielen Staaten der Welt fordern auch im 21. Jh. gesellschaftliche bzw. politische Gruppen eine „gerechtere“ Aufteilung von Grund und Boden. Beurteile, inwiefern sich die Probleme im „alten“ Rom mit den heutigen vergleichen lassen. 2. Erkläre, warum man Caesars Herrschaft als „Monarchie ohne Krone“ bezeichnen kann. 3. Erörtere, wie sich die politischen Lager im antiken Rom von den heutigen Parteien unterscheiden. Die antike Welt – Griechenland und Rom 45 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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