lung wird es „Goldene Bulle“ genannt […]. Da also den von den Habsburgern vereinten Herzogtümern kein entsprechender Rang zuerkannt worden war, machte sich Rudolf erfolgreich daran, mit großem Geschick einen Komplex von Urkundenfälschungen zu fabrizieren. Weil seine Wunschliste nicht in einer Urkunde unterzubringen war, ließ er sie auf mehrere Texte verschiedener Herrscher verteilen, die nicht einzelnen Empfängern, sondern ihren Ländern verliehen werden. Das zum „maius“ erweiterte „minus“ ist demzufolge das Hauptstück einer Gruppe von sieben Urkunden, von denen die zwei ältesten – von Julius Caesar und Kaiser Nero! […] zitiert werden […]. Der Komplex wird abgeschlossen von einer erfundenen Urkunde König Rudolfs I. von 1282, der einzigen, die in deutscher Sprache verfasst ist. Der von Rudolf usurpierte [= beanspruchte] Titel eines Erzherzogs von Österreich wird in keinem der gefälschten Texte erwähnt. (Kugler, Wolfram, 99 Fragen an die Geschichte Österreichs, 2009, S. 112) M4 Übergabe der Lehensfahne an Leopold V. durch Kaiser Heinrich VI. nach der Einnahme von Akkon (1194): Hans Part, Herzog Leopold V., Ausschnitt aus dem Stammbaum der Babenberger, Tafelmalerei, um 1489/93. Eine Legende führt die österreichischen Farben Rot-Weiß-Rot auf die Kreuzzugs-Zeit zurück: Der weiße Waffenrock Herzog Leopolds V. (links, kniend) soll bei der Erstürmung von Akkon (1191) bis auf seinen Schwertgurt vom Blut rot gefärbt worden sein. M5 Die Fürstenhuldigung in Kärnten: Jedesmal, wenn das Herzoghaus ausstirbt, das Land demnach an das Reich zurückfällt, und der neu bestimmte Fürst zu einem Stein auf dem Zollfeld kommt. Der älteste eines bäuerlichen Geschlechts, in dem sich dieses Recht vererbt, setzt sich auf diesen M4 M5 Stein. Der von den Landherren geleitete Fürst erscheint in bäuerlichen Kleidern […]. An der Hand führt er einen gefleckten Stier, an der anderen ein schwarzweißgeflecktes Feldpferd […]. Der Bauer fragt „in windischer Rede“, wer der Ankömmling sei. Die Gefolgsleute erwidern, er sei vom Reich geschickt, um den Sitz einzunehmen, den der Bauer räumen möge. Der Bauer weigert sich und stellt vier Fragen – ob der Fürst wert sei, auf dem Stuhl zu sitzen, ob er den rechten christlichen Glauben habe, ob er ein guter und gerechter Richter, ein Schützer der Witwen, Waisen und Pfaffen sei – und die Begleiter des Fürsten schwören darauf einen Eid. Darnach verlässt der Bauer den Stein, nimmt Pferd und Stier an sich, der Herzog setzt sich nun auf den Stein und schwört, Frieden zu schaffen, gerecht zu richten und am rechten Glauben festzuhalten. Dann empfangen die Herren ihre Lehen und huldigen dem Herzog. (zit. nach: Fräss-Ehrfeld, Geschichte Kärntens, Bd. I, aus: Aus Geschichte lernen 6, S. 50) Fragen und Arbeitsaufträge 1. Arbeite die in M1 angesprochenen Aspekte der Persönlichkeit und der politischen Tätigkeiten von Rudolf I. heraus. Erörtere, was wohl die Gründe für die teilweise widersprüchlichen Bewertungen der Zeitgenossen sein könnten. Formuliere Fragen, die du Rudolf gerne selbst gestellt hättest. 2. Lies die Darstellung „Die frühen Habsburger“ (S. 168–171) genau durch. Stelle Vermutungen an, von welchen grundsätzlichen Fragestellungen der Autor für diese Geschichtsdarstellung ausgegangen ist, und formuliere diese. 3. Verfasse einige Fragen, die dich im Zusammenhang mit dem dargestellten Thema interessiert hätten. 4. Beschreibe, welche deiner Fragen in der Darstellung ausreichend beantwortet wurden bzw. auf welche Fragen du keine (ausreichende) Antwort bekommen hast. 5. Arbeite aus der Darstellung M2 heraus, welche Bereiche das Wiener Stadtrecht von 1221 regelte und welche wirtschaftliche und politische Bedeutung es hatte. Entwirf einige Fragen, welche die in M2 angesprochenen Rechte in Hinblick auf das Leben der Stadtbewohner konkreter erklären könnten. 6. Fasse die Gründe für die Fälschung des „Privilegium Maius“ (M3) stichwortartig zusammen. Formuliere einige kritische Fragen an Rudolf IV. 7. Beschreibe, welche Erwartungen an einen Kärntner Herzog gerichtet waren und wie seine Einsetzung erfolgte (M4). Erkläre, welchen Zweck dieses Ritual vermutlich hatte. Recherchiere, auf welche Art das österreichische Staatsoberhaupt heute in sein Amt eingeführt wird. Formuliere Fragen, die du dem österreichischen Bundespräsidenten gerne stellen würdest. 8. Beschreibe die Szene der Übergabe der Lehensfahne (M4). Nimm Stellung zur legendhaften Erklärung der österreichischen Farben Rot-Weiß-Rot. Formuliere Fragen an den Künstler, der die Szene mehr als 300 später gemalt hat. Österreich von der römischen Herrschaft bis zur Neuzeit 173 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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