Zeitbilder 5, Schulbuch

Die schriftlichen und bildlichen Quellen und Darstellungen auf dieser Doppelseite sollen dazu dienen, die Historische Fragekompetenz weiterzuentwickeln (siehe auch S. 52 f. und S. 168 f.). Darunter versteht man die Fähigkeit und Fertigkeit, sinnvolle Fragen an die Vergangenheit zu stellen sowie Quellen und Darstellungen zugrundeliegende Fragen zu erkennen. Thematisch beschäftigst du dich mit der Entwicklung des staatlichen Rechts von der Antike bis in die Gegenwart. Die Auseinandersetzung mit den Arbeitsaufträgen wird es dir ermöglichen zu erkennen, welche Fragen in Darstellungen oder Quellen behandelt werden. M1 Der bäuerliche Rechtsalltag: Bäuerliches Recht sucht auszugleichen. Anders als etwa das römische Recht, das absolute Rechtssicherheit erzielen möchte, richtet sich bäuerliches Recht von Ort zu Ort nach Vorteil und Nachteil. Was passiert bei Überhang? Das römische Recht lässt das Abschneiden überhängender Äste zu. Das bäuerliche Recht sieht diese Vernichtung von möglichem Ertrag als unsittlich an. Zum Ausgleich für die Beeinträchtigung muss der Eigentümer überhängender Zweige den Beeinträchtigten aber am Nutzen teilhaben lassen, aber je nach Wert: Ein Drittel des überhängenden Obstes gebührt daher diesem bei Edelobst, bei Wildfrüchten zwei Drittel. Das spinnt sich fort. Wird ein Baum mit überhängenden Ästen dann gefällt, darf der Eigentümer diesen nicht etwa anseilen, sondern muss ihn frei fallen lassen und der Baum wird dann anteilsmäßig je nach Lage über die Grundstücke zugeteilt. (Zusammengefasst u. gekürzt nach J. Pichler, http://content1.bitmedia. cc/projects/at/europarecht/eu_mittelalter/lm/default.htm?COURSE­ =..%2Fcourse.xml&DATA=..%2Feu_mittelalter%2F; 5. 2. 2011) M2 Christian Wolff: Grundsätze des Naturrechts: § 39 Ein Gesetz nennt man die Vorschrift, nach welcher wir unsere Handlungen einzurichten verpflichtet sind. Man nennt dasjenige ein natürliches Gesetz, welches seinen hinreichenden Grund selbst in der Natur des Menschen und der Dinge hat. Aber ein willkürliches [lex positiva] ist dasjenige, dessen Verbindlichkeit von dem Willen eines vernünftigen Wesens abhängt, und besonders ist es ein göttliches Gesetz, wenn es von dem Willen Gottes, ein menschliches [weltliches] aber, wenn es von dem Willen eines Menschen abhängt. Das Gesetz der Natur wird gemeinhin auch das Recht der Natur genannt. § 40 Das Gesetz der Natur ist unveränderlich und notwendig […] § 41 Da das Wesen und die Natur des Menschen und der Dinge von Gott ihren Ursprung haben, so ist der Urheber des Gesetzes der Natur Gott selbst, der den Menschen verbindet, seine Handlungen demselben M1 M2 Recht gemäß einzurichten; und also ist die natürliche Verbindlichkeit auch eine göttliche; und das natürliche Gesetz ist auch ein göttliches (§ 39). § 42 Auf gleiche Weise beweisen wir, dass das Gesetz der Natur alle Menschen verbinde; und dass von der natürlichen Verbindlichkeit kein Mensch befreit werden könne; weil nämlich das natürliche Gesetz den hinreichenden Grund in der Natur des Menschen und der Dinge selbst hat (§ 39) […] § 43 Aus eben demselben Grunde verbindet uns das Gesetz der Natur, die Handlungen auszuüben, welche die Vollkommenheit des Menschen und seines Zustandes befördern; und diejenigen zu unterlassen, welche seine und seines Zustandes Unvollkommenheit befördern; folglich die freien Handlungen mit den natürlichen durch eben dieselben Endursachen, nicht aber durch verschiedene zu bestimmen (§ 36. 39); und gleichfalls alle Gefahr von uns und unserem Zustande abzuwenden. (Wolff, Grundsätze des Natur- und Völkerrechtes worin alle Verbindlichkeiten und alle Rechte aus der Natur des Menschen hergeleitet werden. 1754 (Neudruck 1980), §§ 39–43) Gericht unter freiem Himmel. Kolorierter Holzschnitt, Ulrich Tengler, Der neu Layenspiegel, 1512: Dieses Gericht tagt mit einem rot gekleideten Richter, der in der Mitte unter einem Baldachin sitzt und einen Stab in seiner Hand trägt. Die sechs Beisitzer sitzen ebenso erhöht links und rechts von ihm. Über dem Gericht ist in einem Wolkenbogen der Weltenrichter mit Krone, Schwert (Schärfe der Gerechtigkeit) und Lilie (Milde) zu sehen. Im Inneren der Schranne, in der Vierung, ein Tisch mit einem Schreiber. M3 154 Kompetenztraining Historische Fragekompetenz Fragen, die in Darstellungen der Vergangenheit oder in Quellen behandelt werden, herausarbeiten Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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