Eheliche Geburt war damals wegen vieler Heiratsbeschränkungen keine Selbstverständlichkeit. Wer sie aber nachweisen konnte, nach der Lehrzeit auch die Gesellenjahre hinter sich brachte und dann noch zusätzlich auf der Wanderschaft seine beruflichen Kenntnisse vervollständigte, benötigte Glück oder (viel) Geld, um Meister zu werden: Im ersten Fall heiratete der Geselle die Tochter oder auch die oft wesentlich ältere Witwe des Meisters. Sie benötigte nämlich zur Fortführung des Betriebes unbedingt einen gelernten Handwerker. Ansonsten musste er ein sehr kostspieliges Meisterstück produzieren. Das konnte sich kaum ein Geselle leisten konnte. Über die Regelung des Gewerbes hinaus erfüllten die Zünfte noch viele andere Aufgaben, die heute vom Staat wahrgenommen werden. Die Zünfte gewährten ihren Mitgliedern bei Arbeitsunfähigkeit oder Krankheit Unterstützung und errichteten für sie Spitäler, Asyle und Waisenhäuser. Doch es waren bei weitem nicht alle Gewerbe in Zünften vereinigt. In vielen Produktionszweigen sowie im Handel gab es vor allem für die Hilfskräfte reine Lohnarbeit. Sie ermöglichte den angelernten Kindern, Jugendlichen und vielen Frauen ein Einkommen ermöglichte. Die Löhne richteten sich nach Angebot und Nachfrage. Für wichtige öffentliche Arbeiten konnten die Unternehmer Arbeitskräfte aus der städtischen Unterschicht auch zwangsweise und zu niedrigen Löhnen verpflichten. Gesamt gesehen aber nahm die einkommenslose städtische Unterschicht zu, denn die Zahl der Beschäftigten blieb durch die Zunftvorschriften stark eingeschränkt. Die Forderung nach höheren Löhnen, nach mehr Freizeit, besserem Essen und Trinken, trieb die Gesellen manchmal auch zum äußersten Mittel des Arbeitskampfes – dem Streik. Die Zünfte aber setzten sich immer wieder durch. Sie hatten doch jetzt als Mitglieder des Rates auch die Stadtobrigkeit auf ihrer Seite. Frauen und Handwerk Auch Frauen waren in manchen Städten – vor allem im Handel – zünftig organisiert. Sie arbeiteten in Die deutschen Handelsstädte – die Hanse Die „Hanse“ (Genossenschaft von Kaufleuten) entstand gegen Ende des 13. Jh. als Bund norddeutscher Städte unter der Führung Lübecks. Ihr schlossen sich im Laufe der Zeit auch wichtige Handelszentren des Binnenlandes, wie Magdeburg, Köln und Dortmund an. Auch Seestädte in Flandern sowie in den baltischen und nordischen Ländern traten der Hanse bei. Die Hansestädte beherrschten im 14. Jh. den gesamten Nord- und Ostseehandel zwischen London und Nowgorod. Im 15. Jh. fiel der mächtige Städtebund infolge innerer Zwistigkeiten langsam auseinander. Weitere wichtige Gründe für den Zerfall waren erstens das Aufkommen eines heimischen Kaufmannsstandes in Russland, England und in den nordischen Staaten sowie zweitens – durch die Entdeckung Amerikas bedingt – die Verlagerung des Handelsschwerpunktes von Nord- nach Westeuropa. Die Zünfte regeln das städtische Leben Im Hoch- und Spätmittelalter nahm auch das städtische Gewerbe einen raschen Aufschwung. Die Handwerkerinnen und Handwerker, die zunächst in der Stadt nur geringen politischen Einfluss hatten, schlossen sich zur Wahrung ihrer Interessen in Zünften zusammen. Die Zünfte griffen tief in das wirtschaftliche und persönliche Geschick des einzelnen Handwerkers ein. „Es haben alle Mitglieder dafür zu sorgen, dass nit zu viel fremde Meistersöhn und Ausländer in die Zunft kommen“, hieß es in Zunftordnungen der Fleischer im bayrischen Freising. Dies charakterisiert das Wesen des Zunfthandwerks sehr deutlich. Eine klein gehaltene Anzahl von Familien schloss sich zusammen, um kartellartig ein bestimmtes Handwerk in der Stadt auszuüben. So wollte sich die Zunft gegen Überfremdung und Überfüllung, also ungebetene Konkurrenz, zur Wehr setzen. Gleichzeitig konnten Preis- und Lohnabsprachen getroffen werden, die ein sicheres Einkommen garantierten. den verschiedensten Handwerken – zum größten Teil in den Werkstätten ihrer Ehemänner mit. Manche von ihnen übten sogar selbstständig ein Handwerk in eigenen Werkstätten aus: Q Und weiblichen Geschlechts zu sein hielt mich nicht vom Verlagsgeschäft ab, noch die Tatsache, dass es mehr eine männliche Aufgabe ist. […] Es ist nicht neu oder unerhört für Frauen, ein solches Gewerbe zu haben, und man kann viele von uns finden, die nicht allein die Buchdruckerkunst ausüben, sondern andere, schwierigere und bewundernswertere, und die deshalb höchstes Lobe erhalten. (Jeanne Giunta, Bucherverlegerin aus Lyon, 1579) Die Universität – eine Bereicherung der Städte Die Städte – und später die Landesherren – brauchten vor allem Juristen und gebildete Fachleute zur Verwaltung von Stadt und Land. Mit der Universität (vgl. S. 121) war in der europäischen Stadt eine Einrichtung entstanden, welche im nächsten halben Jahrtausend das Gesicht des Abendlandes von Grund auf ändern sollte. Die Vorlesung bildete die wichtigste Form der Lehrveranstaltung an den Universitäten. Dazu wurden an den Universitäten immer wieder auch Vorschriften für die Pflichten der Professoren erlassen: Q Aus den Statuten der JuristenFakultät, dem Kern der Universität in Bologna, 1317: Ferner verfügen wir, dass kein Professor des Zivilrechts oder des Kirchenrechts seine Vorlesungen am Morgen anfangen darf, bevor die Glocke von San Pietro mit dem Primläuten aufgehört hat. Bevor sie aufgehört hat, muss er im Hörsaal oder dessen Umkreis anwesend sein. Nachdem sie aufgehört hat, muss er sofort anfangen bei Strafe von neun Bologneser Schillingen für jeden Verstoß. […] Wir verfügen, dass die Professoren am Ende den Studenten den Abschnitt ankündigen müssen, mit dem sie weitermachen werden; […] Wenn Längsschnitt 142 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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