Zeitbilder 5, Schulbuch

1. Die Mittelmeerwelt – Wiege der Antike Die Mittelmeerwelt – im Schatten der Hochkulturen Während die Menschheit in den verschiedenen Hochkulturen der Erde bis zum 3. Jahrtausend v. Chr. schon eine bedeutende Entwicklung vollzogen hatte, waren in Europa fast überall jungsteinzeitliche Lebensformen vorherrschend. Nur auf Kreta und im übrigen ägäischen Raum bildeten sich schon im 3. Jt. Lebensformen mit einem ähnlichen Entwicklungsstand wie im Vorderen Orient und in Ägypten heraus. Die „minoische“ Kultur, benannt nach dem sagenhaften König Minos, war eine der bedeutendsten Kulturen dieses Raumes. Sie kannte bereits eine eigene Schrift – die bis heute nicht entzifferte Linearschrift A. Es gab auch schon stadtähnliche Siedlungen mit großen Palästen wie z.B. in Knossos und – neben Ackerbau und Viehzucht – eine auf (Fern-)Handel basierende Tauschwirtschaft. Dazu kamen viele technische Errungenschaften, die zum Teil aus den östlichen Hochkulturen übernommen wurden (z. B. das Räderfahrzeug). Bezüglich der Herrschaftsform und des Aufbaus der Gesellschaft sind auf Grund der wenigen und nicht auswertbaren schriftlichen Quellen viele Fragen offen: Bestand Kreta aus mehreren kleinen Stadtstaaten oder gab es bereits ein großes Reich, das auch die ägäische Inselwelt beherrschte? In der übrigen westlichen Mittelmeerwelt waren die altmediterranen Gesellschaften von solchen Errungenschaften bzw. Entwicklungsstufen noch weit entfernt. Wahrscheinlich lebten sie als Sippenverbände vorwiegend in kleinen Dorfgemeinschaften. Ackerbau und Viehzucht bildeten die Grundlage dieser geschlossenen Hauswirtschaften und erst gegen Ende des 3. Jt. dürfte ihnen die Metallverarbeitung und -nutzung bekannt geworden sein. Weibliche Figuren in unterschiedlicher Darstellungsform und aus verschiedensten Materialien lassen vermuten, dass die Stellung der Frau in einigen Regionen rund um das Mittelmeer recht bedeutend war. Die Erde selbst wurde wohl als weibliches Wesen gedacht. Diskus von Phaistos mit Linearschrift A. (Museum Heraklion, Kreta, 17. Jh. v. Chr.) Statuette einer etruskischen Göttin, Höhe 16,4 cm. Die Göttin ist mit einem feinen „Chiton“, einem hemdartigen Gewand, bekleidet. (Perugia, um 500 v. Chr.) Diese „Mutter-Göttinnen“ werden von manchen Forscherinnen und Forschern als Vorfahrinnen der griechischen und römischen Göttinnen der klassischen Zeit angesehen. Die Indoeuropäer drängen von Norden in den Mittelmeerraum Im Laufe des 2. Jahrtausends v. Chr. kam es zur Einwanderung bzw. zum Einsickern mehrerer indoeuropäischer Gruppen in Richtung Mittelmeerraum – nach Kleinasien, Griechenland und Italien (s. Karte). Dort haben sie sich mit der bodenständigen Bevölkerung zum Teil vermischt und diese teilweise auch verdrängt. Im heutigen Griechenland (besonders auf der Peloponnes) folgte der „minoischen“ die „mykenische“ Kultur. Ihre Herrscher ließen gewaltige Burgen errichten (z.B. in Mykene und Tiryns), doch ihre Abstammung ist bis heute nicht mit Sicherheit geklärt. Auch die seit 1952 entzifferte Schrift der „Mykener“, die so genannte Linearschrift B, gibt darüber keine Auskunft – denn die Aufzeichnungen beschränken sich auf Inventarlisten, Rechnungen sowie Orts- und Götternamen. Als sicher aber gilt, dass aus dieser Vermischung von Einwanderern und allochthoner (= ansässiger) Bevölkerung die Griechen hervorgegangen sind. Die eingewanderten Stämme zogen an der Wende zum 1. Jt. v. Chr. teilweise auf die ägäischen Inseln und an die kleinasiatische Küste weiter: Das ist die Epoche der ersten griechischen Kolonisation. 14 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=