Zeitbilder 5, Schulbuch

schaftlichen Wälder. Dabei kam es zum Kampf: Wat Tyler wurde von den königlichen Begleitern erschlagen. Mit einem Blutbad beendeten daraufhin die Ritter den Aufstand. Der König nahm alle seine Zusagen zurück. Nur die Leibeigenschaft wurde wenig später auch in England aufgehoben. 20.4 Städte überwinden die Katastrophe Mangel an Arbeitskräften hebt Löhne und Preise Die Agrarkrise des 14. und 15. Jh. brachte für die bäuerliche Bevölkerung und den Landadel in weiten Teilen Europas einen wirtschaftlichen Abstieg. Die Städte erholten sich von den Katastrophen relativ schnell. Zwar hatte die Pest in den eng gebauten, unhygienischen Stadtsiedlungen ein viel ärgeres Massensterben bewirkt als auf dem Lande, doch bei den Überlebenden verblieben Geld und Güter. Damit stieg die Nachfrage nicht nur nach Produkten des täglichen Bedarfs, sondern auch nach Luxusgütern. Der Mangel an Arbeitskräften führte im Unterschied zur Landwirtschaft zu einer viel geringeren Produktion an handwerklichen Gütern. Infolgedessen stiegen nicht nur die Preise, sondern auch die Löhne kräftig. Diese Wirtschaftssituation lockte besonders Zuwanderinnen und Zuwanderer vom Lande an: Sie schlossen jene Lücken, die die Seuche in die Stadtbevölkerung gerissen hatte. Der gängige Slogan „Stadtluft macht frei!“ war also nicht der einzige Anreiz für viele (geflüchtete) Untertanen, um innerhalb schützender Mauern eine andere „Welt“ kennen zu lernen und eine neue Heimat zu finden. War die Stadt bisher vor allem Zentrum der Kaufleute, so erlebte nun auch das Handwerk einen gewaltigen Aufschwung. Der Wunsch nach besserer Qualität führte zu einer größeren Spezialisierung der einzelnen Gewerbe. Freilich versuchten die alteingesessenen Meister und Kaufleute oftmals den Zustrom fremder Handwerker und Händler aus Konkurrenzangst zu unterbinden. Das Linzer Tor in Freistadt. Freistadt, an der Straße nach Prag gelegen, war bis zu Beginn der Neuzeit eine der reichsten und wichtigsten Handelsstädte Oberösterreichs. Doch stießen sie dabei auf den Widerstand mancher Landesfürsten, wie eine für Wien ausgestellte Urkunde Herzog Rudolfs IV. von Österreich beweist: Q Wir wollen und bestimmen, dass alle Bürger, Kaufleute, Tuchhändler, Arbeiter, Handwerker, das sind Schneider, Kürschner, Fleischhacker, Getreidehändler, Metsieder, Goldschmiede, Sattler, Zimmerleute, Maurer, Maler, Bildschnitzer, Schmiede, Wagner, Ledermacher, Schuster, Fischer, aus welchen Ländern und Städten sie auch kommen, die sich in der Stadt oder in den Vorstädten niederlassen und da sesshaft und wohnhaft sind, dass dieselben ihre Arbeit oder Handwerk treiben und ausüben sollen. Und es soll sie niemand daran hindern oder davon abhalten. Und welcher Arbeiter oder Handwerker also nach Wien zieht und sich da niederlässt und sesshaft bleibt, der soll drei Jahre lang von der Schatzsteuer für Bürger befreit sein. (Zit. nach: Csendes, Die Rechtsquellen der Stadt Wien, 1986, S. 136) Benenne Gründe, die Rudolf IV. zu diesem Entgegenkommen gegenüber Zuwanderinnen und Zuwanderern bewogen haben könnten. Kampf gegen Patrizier und Handelsbeschränkungen Am Aufblühen der Städte war auch der Handel entscheidend mitbeteiligt: Die schon bestehenden, regionalen Handelsbeziehungen wurden ausgebaut – vor allem für tägliche Gebrauchsgüter. Daneben kam es jetzt auch zur Erschließung eines Fernhandelsnetzes. Es war nicht mehr ausschließlich auf seltene oder exotische Luxusgüter ausgerichtet, sondern auch auf den Export und Import von Massenwaren für den täglichen Bedarf. Die großen Handelsstädte schlossen miteinander Verträge und erkauften sich kaiserliche Privilegien, um die vielen Handelsbeschränkungen abzubauen. Der Aufschwung von Handel und Gewerbe hatte auch politische Folgen: In vielen Städten Europas setzten sich nun – oftmals erst nach harten Kämpfen – die reich und selbstbewusst gewordenen Kaufleute und Zunfthandwerker gegen die alten Patrizier durch: Sie wurden endlich in die Stadtregierungen aufgenommen. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Analysiere die Aussagen von John Ball (S. 124) und die dazugehörige Textpassage hinsichtlich der Stellung der Bauern in der Gesellschaft im 14. Jh. Fasse dieses Ergebnis zusammen und vergleiche es mit der Auffassung zum Bauernstand, welche um das Jahr 1000 und noch im 13. Jh. vorzuherrschen schien, wie es in der Quelle auf S. 92 sowie in M7 auf S. 99 zum Ausdruck gebracht wird. 2. Informiere dich in den Medien über die aktuellen wirtschaftlichen Probleme der Bäuerinnen und Bauern in Österreich. 3. Erörtere die Bedeutung des Abbaus von Privilegien und Handelsschranken für die Wirtschaft. Ermittle Beispiele aus der Gegenwart. Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche 125 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=