Neidhart von Reuenthal (vor 1200 geb., um 1250 gest.), von bewaffneten Bauern zu einem Schwur genötigt. (Buchmalerei, Zürich um 1310–1340) Die schrecklichen Auswirkungen der Pest und der „Hundertjährige Krieg“ waren auch in England entscheidende Ursachen für den Bauernkrieg des Jahres 1381: König Richard II. hatte binnen vier Jahren zum dritten Mal die Steuern zur Finanzierung des Krieges erhöht; die Grundherren wollten selbst für freie Bäuerinnen und Bauern den Frondienst wieder einführen; wer vor seinem Herrn flüchtete, wurde mit glühenden Eisen gebrandmarkt und für vogelfrei erklärt. Der Hass gegen die Obrigkeit verbreitete sich aber nicht nur unter der bäuerlichen Bevölkerung. Auch der niedere Klerus unterstützte diese breite Volksbewegung, die immer lauter die Frage stellte: „Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?“ Volle Zustimmung erhielt der Prediger John Ball für sein Argument: Q […] dass Hörigkeit und Leibeigenschaft durch die Unterdrückung gegen den Willen Gottes eingeführt worden seien. Denn hätte es Gott gefallen, Hörige zu schaffen, so hätte er zu Anfang der Welt bestimmt, wer Sklave und wer Herr sein sollte. (Zit. nach: Töpfer, Allgemeine Geschichte des Mittelalters, 1985, S. 354) Jetzt schien die Zeit reif für eine endgültige Befreiung aus der Abhängigkeit. Schlösser wurden gestürmt, Steueraufzeichnungen verbrannt, Gefangene aus den Kerkern befreit. Drei gut organisierte Bauernheere marschierten schon nach zwei Wochen in London ein, wo sie auch Unterstützung durch die städtische Unterschicht bekamen. König Richard II. machte ihrem Führer, Wat Tyler, beträchtliche Zugeständnisse: z.B. Abschaffung der Leibeigenschaft und Straffreiheit für die Beteiligten. Doch die radikale Gruppe um Tyler forderte weiter reichende Zugeständnisse, u.a. die Aufteilung des gesamten kirchlichen Grundbesitzes zu Gunsten der abhängigen bäuerlichen Bevölkerung und die Nutzung der herr20.3 Bauern kämpfen um Besserstellung In den Alpenländern sind die Bauern erfolgreich Schon seit dem 13. Jh. schlossen sich die Bauern in einigen Teilen West- und Mitteleuropas in genossenschaftlichen Bündnissen zusammen. Damit wollten sie ihre Rechte und Freiheiten gegen Nachbarn und Fürsten sichern und manchmal auch eigene Staatswesen ohne „hohe Herren“ gründen. Dauerhaft gelang dies nur den drei Urkantonen Uri, Schwyz und Unterwalden. Deren bäuerliche Bewohnerinnen und Bewohner schlossen sich schon 1291 zum „Ewigen Bund“ zusammen. Aus diesem Bund entwickelte sich nach etlichen erfolgreichen Kämpfen gegen die habsburgischen Landesherren der einzige europäische Staat auf bäuerlich-genossenschaftlicher Grundlage – die Schweiz. Im Eidbrief von 1291 formulierten sie ihre gemeinsamen Ziele: Q Es mögen also alle zur Kenntnis nehmen, dass die Männer des Tales Uri, die Gemeinde des Tales Schwyz und die Gesamtheit der Unterwaldener Männer angesichts der bösen Zeit, um sich und ihre Habe leichter verteidigen zu können, nach bestem Wissen versprochen haben, sich gegenseitig mit Hilfe und jeder Art von Rat und Gunst beizustehen, mit Leib und Gut, innerhalb und außerhalb der Täler gegen alle und Einzelne, die ihnen oder einem von ihnen Gewalt, Beschwer oder Unrecht antun […]. Die oben stehenden Bestimmungen […] sollen, wenn Gott will, für immer dauern. (Zit. nach: Borst, Lebensformen im Mittelalter, 1979, S. 365 ff.) Einzigartig im spätmittelalterlichen Europa war die rechtliche Stellung der Bauern in Tirol und Vorarlberg: Sie waren nicht nur persönlich frei; ihre gewählten Vertreter bildeten neben den geistlichen und weltlichen Herren bzw. den Bürgern der Städte einen eigenen Stand in den Landtagen. Freilich waren sie dort dem Herrenstand untergeordnet und mussten sich dessen Entscheidungen beugen. Dennoch konnten sie an der Landespolitik aktiv teilnehmen (Steuerbewilligungsrecht, Mitsprache bei Gesetzen und der Bestellung von Beamten). In Westeuropa kämpfen die Bauern vergebens Auch im übrigen Europa versuchte die bäuerliche Bevölkerung die grundherrlichen und landesfürstlichen Forderungen abzuwehren. Der größte Bauernaufstand in Frankreich ereignete sich mitten im „Hundertjährigen Krieg“ gegen England (1358): Der Krieg vernichtete die Ernten. Immer mehr Bäuerinnen und Bauern waren verarmt. Doch der König und die Grundherren verlangten weiter alle Abgaben und trieben die Steuern ein. Da griff die bäuerliche Bevölkerung zu den Waffen. Die Aufständischen zerstörten etliche Adelssitze und erschlugen ihre Herren. Das einte rasch den zerstrittenen französischen Adel. Selbst die verfeindeten englischen Ritter kamen ihren französischen Standesgenossen zu Hilfe. In wenigen Wochen wurden die Aufständischen besiegt. Fürchterliche Strafgerichte folgten. 124 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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