Zeitbilder 5, Schulbuch

Kein Ende – und doch ein Anfang Mit dem Untergang des Weströmischen Reiches gingen zunächst auch große Teile des Wissens, der Dichtkunst und der Philosophie der Antike verloren. Viele Vertreter des aufstrebenden Christentums meinten überdies, dass heidnisches Wissen und christliche Glaubensüberzeugung sich ausschließen. So hob Kaiser Justinian 529 die berühmte antike Bildungsstätte, die heidnische Philosophenschule in Athen, auf. Allerdings schrieb der christliche Kirchenvater Augustinus um 400 in seinem Werk „Von der christlichen Lehre“ („De doctrina Christiana“): Q […] Geradeso enthalten sämtliche Lehren der Heiden nicht nur freie Phantasien und abergläubische Wahrnehmungen […]. Bei ihnen sind unschätzbare sittliche Anweisungen und viel Wahres über die Anbetung des einzigen Gottes zu finden. (Zit. nach: Koch, Die Universität, 2008, S. 18) Diese Verbindung des Bildungssystems der griechisch-römischen Antike mit dem Christentum wurde trotz einiger Rückschläge maßgeblich für die Bildung im Mittelalter. Doch zunächst schrumpfte das Schulwesen in Europa. Klosterschulen und Domschulen Erst im Zuge der fränkischen Großmachtbildung im 8. Jh. und der damit verbundenen Ausbreitung der Klöster wurde in Klosterschulen die systematische Ausbildung des eigenen Nachwuchses betrieben. Zwischen dem 10. und dem 13. Jh. erfolgten im Raum des heutigen Österreich etwa 150 Klostergründungen. Davon bestanden zahlreiche nur wenige Jahre und richteten keine Schulen ein. Trotzdem lässt sich in dieser Zeit auf ein beachtliches Netz von Schulen ab dem 12. Jh. in Österreich schließen. Außer den Klosterschulen wurden auch so genannte Dom- oder Kathedralschulen an den Bischofssitzen errichtet. Diese gewannen in Europa, v. a. in Frankreich und am Rhein, schon seit dem 10. Jh. an Bedeutung. Zu diesen gehörte auch die Domschule in Salzburg. Von den Lehrinhalten In den Kloster- und Domschulen zählte das Auswendiglernen religiöser Texte (z. B. Psalmen) aber auch solcher von antiken Autoren (z. B. Horaz, Vergil, Cicero, Ovid) und das laute Lesen zu den täglichen Lernaufgaben der Schüler. Besonders geübt wurden die Grammatik und der richtige Aufbau einer Rede (Rhetorik). Die Schüler lernten die Regeln des logischen Denkens, um bei Diskussionen Wahres und Falsches unterscheiden zu können (Dialektik). Darüber hinaus wurde noch Grundlegendes in Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik unterrichtet. Ein Bakkalaureus unterrichtet seine Schüler. (Buchminiatur, 1. Hälfte des 15. Jh., aus einer mittelböhmischen Handschrift) Verpflichtung der Kirche Bischöfe und Äbte bekamen die Verpflichtung aufgetragen, Schulen einzurichten. Im 3. Laterankonzil (1179) wurde folgendes angeordnet: Q [Es] soll an jeder Kathedralkirche einem Lehrer, der die Kleriker dieser Kirche und die armen Schüler unentgeltlich unterrichten soll, ein angemessenes Benefizium zugewiesen werden, damit der Lebensunterhalt des Lehrers bestritten werde und den Schülern der Weg zur Bildung offen stehe. In anderen Kirchen und Klöstern, in denen in der Vergangenheit diese Zuwendungen gemacht worden waren, sollen diese erneuert werden. (Zit. nach: Engelbrecht, Geschichte des österreichischen Bildungswesens, 1982, S. 380 f.) Deutsche Schulen in den Städten Von den als Lateinschulen bezeichneten Dom- und Klosterschulen, die eher eine theologische und gelehrte Bildung vermittelten, unterschieden sich die „deutschen Schulen“. Hier wurden neben Religion das Lesen und Schreiben in deutscher Sprache, v. a. aber auch Rechnen und die Kenntnis der Münz- und Gewichtssorten unterrichtet. Diese Schulen wurden besonders vom Stadtbürgertum gefördert. Dadurch erwarben die Schülerinnen und Schüler die notwendigen Grundlagen für den Handel (Geschäftsbrief, Buchführung) und das Handwerk (z.B. Berechnung von Bauten). Auf diese Weise wurde die „teutscheschuel“ zu einer wichtigen Einrichtung. In ihr erhielten breitere Schichten der Bevölkerung eine Grundausbildung. Deutsche Schulen konnten Knaben und Mädchen besuchen. Eine höhere Bildung erhielten Mädchen in den Nonnenklöstern. 19. Schulen, Universitäten und Wissenschaft 120 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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