Mit seiner kunstvoll aufgebauten Rede verfolgte der Papst mehrere Ziele: (1) Er wollte dem bedrängten oströmischen Kaiser zu Hilfe kommen. Das sollte den Herrschaftsanspruch Roms gegenüber Konstantinopel betonen. (2) Ferner beabsichtigte er mit einem bewaffneten Pilgerzug ins Heilige Land das Christentum dort zu stärken. (3) Und schließlich wollte er die dauernden Streitigkeiten der Ritter untereinander für seine Zwecke auf einen „gemeinsamen Feind von außen“, die Sarazenen, umlenken. Merkmale einer manipulativen Rede Berücksichtige bei der Feststellung der Merkmale, welche „Regeln“ die Rednerinnen und Redner beachten, wenn sie Eindruck auf die Masse machen wollen. Versuche diese in der Rede des Papstes zu erkennen. Analysiere dazu die Rede Zeile für Zeile. Unterstreiche die entsprechenden Stellen (Wörter, Abschnitte), an denen diese Regeln deiner Meinung nach Anwendung finden: 1. Allgemein wenden sich Rednerinnen und Redner vorwiegend an das Gefühl der Menschen und weniger an ihre Vernunft. 2. Sie geben vor, dass sie die Gefühle der Zuhörerinnen und Zuhörer teilen, dass sie ihre Ansichten, Meinungen oder Schwierigkeiten kennen und verstehen. Damit wollen sie die Zuhörerinnen und Zuhörer besonders herausheben. 3. Sie stellen (einfache) Behauptungen auf, die meist ohne Begründung bleiben. 4. Diese Behauptungen unterstreichen sie durch anschauliche Übertreibungen: Sie „malen“ ausdrucksstarke Bilder „in Schwarzweiß“. Damit bereiten sie die Zuhörerinnen und Zuhörer insgeheim darauf vor, ihre Ansichten in eine von der Rednerin oder dem Redner gewünschte Richtung zu verändern. Sie zeichnen die Gegnerinnen und Gegner als gefährlich, böse oder lächerlich. Die Eigenen hingegen streichen sie positiv hervor. 5. Diese Botschaften wiederholen sie in verschiedenen Varianten. 6. Sie erwecken Hoffnungen. Dadurch verringern sie die Ängste der Menschen. Arbeitsaufträge 1. Beschreibe die Vorbereitungen des Papstes für die Umsetzung (Inszenierung) seine Rede. 2. Erläutere die Darstellung der drei übergeordneten Ziele durch den Papst. 3. Skizziere die Beschreibung der Sarazenen, die Robert von Reims dem Papst möglicherweise „in den Mund legt“. Zeige Übertreibungen bzw. Unterstellungen („Schwarzweißmalereien“) auf. Vergleiche dazu die Beschreibung der Franken. 4. Beurteile abschließend die Glaubwürdigkeit der Quelle selbst. Erörtere diesbezügliche offene Fragen. Weiterführender Arbeitsauftrag Sucht nach Reden von gegenwärtigen Politikerinnen und Politikern (z.B. im Fernsehen, Radio, Zeitung, Internet) und analysiert diese mit Hilfe der sechs hier vorgestellten „Regeln“. Verfassen und analysieren einer politischen Rede unter dem Aspekt „Beeinflussung“ (Manipulation): 1. Verfasst jeweils in Zweierteams eine Rede zu einem selbst gewählten aktuellen politischen Thema. Legt dabei die vorhin angewendeten „Regeln“ zugrunde. Analysiert in denselben Teams die „Reden“ der anderen Teams. 2. Ordnet die Nummern der „Regeln“ den jeweiligen Zeilen zu. 3. Besprecht und vergleicht abschließend die ausgewählten Beispiele in der Klasse. Projektvorschlag Urban II. verkündet 1095 in Clermont den Kreuzzug. Anders, als auf dem Bild dargestellt, sprach der Papst unter freiem Himmel zu seinem Publikum (v.a. Geistliche und einige Laien). Die Buchmalerei entstand ca. 400 Jahre nach dem Ereignis. (Bildausschnitt, 1490) Das Mittelalter – eine 1000-jährige Epoche 115 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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