12. Kirche und Kaisertum – die zwei Mächte des Mittelalters (Bildliche Quellen) Die Darstellungen der Bild-Quellen auf dieser Doppelseite dienen dazu, Historische Methodenkompetenz weiterzuentwickeln. In einem ersten Schritt sollen die wichtigsten Bildinhalte beschrieben werden. In den darauf folgenden Schritten sollen auch die in ihnen zum Ausdruck gebrachten Motive und Symbole erkannt, analysiert und schließlich interpretiert werden. Auf diese Weise sollst du kompetent werden, die Bilder zu entschlüsseln (= zu dekonstruieren). Diese Bildanalysen können dich in Verbindung mit dem bisher erworbenen Sachwissen befähigen, die Auseinandersetzung um die Herrschaftsmacht zwischen Kaiser und Papst im Mittelalter selbstständig „erzählen“ zu können (= zu rekonstruieren). Kaiser Otto III. und das Herrschaftssystem im Reich: Kaiser Otto III. (980–1002) sitzt hoheitsvoll auf dem Thron – mit Herrscherstab und mit dem Kreuz geschmücktem Reichsapfel. Neben ihm zwei Erzbischöfe und zwei Herzöge als Vertreter der Reichskirche und des Hochadels. (Aus: Reichenauer Evengeliar Ottos III, Ende 10. Jh.) Der Historiker Schulze erörtert das Reichskirchensystem und die damit verbundene Symbolik: Solange der König das Recht besaß, die Erzbischöfe und Bischöfe, die Reichsäbte und Reichsäbtissinnen einzusetzen, konnte von der wahren Freiheit der Kirche, noch keine Rede sein. Die Zeremonie der Investitur mit ihren symbolträchtigen Formalakten wie Überreichung von Bischofsring und Krummstab [...] zeigte deutlich, dass die geistlichen Würdenträger ihre Amtsgewalt nicht vom Papst, sondern vom weltlichen Herrscher in Empfang nahmen. Schockierend für die Gregorianer waren nicht zuletzt die InM1 M2 vestitursymbole Ring und Stab. Der Ring symbolisierte die mystische Ehe Christi mit seiner Braut, der Kirche, und ebenso die unlöslichen Verbindungen des Bischofs mit seinem Bistum. Der Krummstab war das Symbol der Seelsorge, der vornehmsten religiösen Pflicht des Bischofs, der wie ein guter Hirte für die ihm anvertraute Herde sorgen sollte. (Schulze, Hegemoniales Kaisertum, 1991, S. 475 f.; gekürzt) Die Investitur eines Bischofs: Otto II. setzt Bischof Adalbert von Prag mit Ring und Stab in sein Amt ein. (Domtür von Gnesen, 12. Jh.) Das Ende von Papst Gregor VII. in Salerno: Bildfolge: Kaiser Heinrich IV. und der kaiserliche (Gegen-)Papst Clemens III., der Heinrich 1084 in Rom zum Kaiser krönte, einträchtig nebeneinander thronend. Befreiung des in der Engelsburg eingeschlossenen Papstes Gregor durch den Normannen Robert Guiscard. Im Exil in Salerno verflucht Gregor den Kaiser. Von seinen Anhängern wird er 1085 zur letzten Ruhe gebettet und betrauert. (Holzstich nach Buchmalerei, 2. Hälfte des 12. Jh., aus der Chronik Ottos von Freising) M3 M4 104 Kompetenztraining Historische Methodenkompetenz Bildliche Quellen beschreiben, analysieren und interpretieren Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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