Zeitbilder 5, Schulbuch

11.3 Kaisertum und Papsttum erneut im Kampf um die Vorherrschaft Der Papst beansprucht die Vorherrschaft Ein Menschenalter später brachen erneut schwere Zwistigkeiten auf. Papst Innozenz III. (1198–1216) erhob neuerlich den Anspruch des Papstes auf Vorherrschaft gegenüber dem Kaiser. Anlässlich seiner Amtseinführung 1198 stellte er fest: Q Seht also in mir den Diener Gottes, der seiner ganzen Familie befiehlt: Ich bin der Vikar (= Stellvertreter) Christi, der Nachfolger Petri, der in der Mitte zwischen Gott und den Menschen steht, weniger groß als Gott, aber größer als der Mensch. Im Papst spricht und handelt Gott; was er als Recht verkündet, ist deshalb göttliches Recht. (Zit. nach: Duby, Die Kunst des Mittelalters, Bd. 2, 1985, S. 99) Als Stellvertreter Christi auf Erden sah er sich als die oberste Instanz, um die Sünden zu vergeben, aber auch, um Recht zu sprechen. Sein Anspruch war, oberster Richter zu sein über jeden Bischof und auch über jeden weltlichen Herrscher. Kirchliche und weltliche Macht waren nach dieser Auffassung nicht getrennt, sondern im Papstamt verbunden. Eine solche Vorstellung schränkte natürlich auch den Machtbereich des Kaisers ein. Der Papst wollte daher einen möglichst gefügigen Herrscher auf dem Kaiserthron. Er unterstützte im Kampf um die Nachfolge des früh verstorbenen Kaisers Heinrich VI. (1190–1197) aus dem Geschlecht der Staufer nicht dessen Sohn Friedrich (II.), sondern Otto (IV.) aus dem Geschlecht der Welfen. Der Kaiser beansprucht die Vorherrschaft Doch der Sohn Heinrichs VI., Friedrich II., setzte sich nach langen Kämpfen gegen Otto IV. durch (1214: Schlacht von Bouvines). Nachdem er seine Macht im Reich und in Italien endlich gefestigt hatte, verkündete er in seiner Schrift „Liber Augustalis“ (Kaiserbuch) 1231 Folgendes: Q Wie Gott sich als Dreifaltigkeit den Gläubigen offenbart, so zeigt sich der Kaiser den Menschen gegenüber als absolute Gerechtigkeit. Wie Christus die Kirche gestiftet hat, so hat der Kaiser den Staat gestiftet. Es kommt einer Gotteslästerung gleich, Urteile, Entschlüsse und Gesetze des Kaisers zu erörtern. (Zit. nach: Heer, Mittelalter vom Jahr 1000 bis 1350, 1983, S. 632) Die Nachfolger von Innozenz III. befürchteten, dass Kaiser Friedrich II. das Papsttum in Bedrängnis bringen würde. Sie versuchten ihn daher mehrmals durch Exkommunikation zu schwächen. 1245 erklärten sie ihn schließlich für abgesetzt. Der Kaiser konnte sich aber behaupten. Der Papst musste unter den Schutz des französischen Königs flüchten. Doch im Jahr 1250 starb der Kaiser überraschend. Friedrich II., Miniatur aus dem Falkenbuch des Kaisers (nach dem Original von 1244). Rudolf von Habsburg beendet das Interregnum Für das Reich bedeutete der Tod Friedrichs II. einen tiefen Einschnitt. Die Könige der nächsten zwanzig Jahre konnten sich nämlich nicht durchsetzen. Die großen Landesfürsten nützten das Fehlen einer starken Königsgewalt, um ihre eigene Stellung zu festigen. In dieser fried- und rechtlosen kaiserlosen Zeit (Interregnum) erweiterten sie ihre Machtbefugnisse. Sie vergrößerten ihren Herrschaftsbereich auf Kosten der Königsgüter. König Ottokar von Böhmen brachte z. B. damals das babenbergische Erbe in seinen Besitz. Erst dem 1273 gewählten Rudolf von Habsburg (1273–1291) gelang es überraschend schnell, königliche Rechte zu erneuern und die Stellung des Königtums im Reich wieder zu stärken. Grenze des Hl. Röm. Reiches Grenze des Kirchenstaates Kerngebiet des Kirchenstaates seit dem 8. Jh. („Patrimonium Petri“) Das „Heilige Römische Reich“ um 1200. 102 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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