Zeitbilder 5, Schulbuch

M4 Die Bedeutung von Quellen für die Herstellung (Konstruktion) von Geschichtswissen: Wie Menschen in der griechischen und römischen Antike gelebt haben, erfahren wir durch archäologische Funde, durch Inschriften oder auch durch Münzen. Als überlieferte Texte aus der Zeit liegen die Aufzeichnungen früher Geschichtsschreiber und Dichter vor, eine Reihe von Herrscherbiografien, aber auch Fachliteratur zu Fragen der Religion und der Hauswirtschaft ist aus der Antike überliefert. Die Schriften geben Einblicke in das Wirtschaftsleben, in die sozialen Bedingungen und Geschlechterrollen der Gesellschaft vor mehr als 2000 Jahren. Für das Mittelalter kommen Chroniken, Viten (Lebensbeschreibungen) und Hagiografien (sogenannte Heiligenlegenden) ebenso wie Briefe, Predigten, Bußbücher, Urkunden und Besitzaufzeichnungen (Urbare) hinzu. Sie erlauben Aufschlüsse über die Beschaffenheit der mittelalterlichen Gesellschaft, die Wertevorstellungen und Besitzverhältnisse von damals lebenden Menschen. Da die „kleinen Leute“ – und das bleibt bis in die Zeitgeschichte ein Problem für Historiker – wenige schriftliche Zeugnisse hinterlassen haben und über sie nur selten in den damaligen Aufzeichnungen berichtet wird, tappen wir über ihre Lebenswelten häufig im Dunkeln. (Gekürzt und vereinfacht nach Budde: Quellen, Quellen, Quellen … In: Budde/Freist/Günther-Arndt (Hg.): Geschichte. Studium – Wissenschaft – Beruf, 2008, S. 52 – 69, bes. S. 57) M5 Quellenprüfung und Quellenkritik: Eine historische Aussage kann noch so spannend und anregend sein – glaubwürdig wird sie erst dann, wenn sie auf einem soliden Quellenfundament aufruht. Die häufig in Handbüchern betonte Differenz zwischen historischer Darstellung als Zusammenfassung der Kenntnisse einer Zeit über eine vergangene Zeit einerseits und historischer Quelle als Zeugnis der Vergangenheit anderseits ist fraglos richtig. Dabei bleibt jedoch häufig außer Acht, dass fundierte Darstellungen in der Regel auf einer gut sortierten Quellenbasis fußen. Gleichzeitig schreiten Quellen als Kontrolleure einer ausufernden Historikerfantasie ein und üben ihre „Vetomacht“ aus. (Gekürzt und vereinfacht nach Budde: Quellen, Quellen, Quellen … In: Budde/Freist/Günther-Arndt (Hg.): Geschichte. Studium – Wissenschaft – Beruf, 2008, S. 52 – 69, bes. S. 54.) M4 M5 M6 Zur Auswertung von Quellen: Die Aussagekraft einer Quelle hängt freilich auch davon ab, was der Historiker (für seine Darstellung) aus ihr herauslesen möchte, das heißt, welche Fragen er an sie stellt. Quellen sprechen nur, wenn man sie befragt, und sie sprechen so oder anders, je nachdem, wie man sie befragt. [...] Quellen können auf vielfältige Art und Weise zum Sprechen gebracht werden. Niemand kann von einer Quelle behaupten, sie sei vollständig ausgeschöpft worden, denn niemand vermag zu sagen, was künftige Historiker durch intelligentes Fragen noch alles aus ihr herausholen werden. [...] Man muss also Quellen lesen und immer wieder lesen. (Sellin: Einführung in die Geschichtswissenschaft, 1995, S. 49 f.) Die Trennung zwischen Quelle und Darstellung verschwimmt manchmal. Üblicherweise bauen Darstellungen historischer Ereignisse auf Quellen auf. Wenn diese Quellen jedoch verloren gegangen sind, kann man als Erkenntnisquelle nur mehr auf die Darstellung zurückgreifen. Auf diese Weise wird die Darstellung zu einer (sekundären, mittelbaren) Quelle. Es hängt auch von der Fragestellung ab: Wenn wir uns mit der Autorin oder dem Autor einer Darstellung oder allein mit der Darstellung beschäftigen wollen – warum etwa eine Darstellung so und nicht anders gestaltet ist –, so wird diese zu einer Quelle. M5 Beispiel für eine Quelle: Am hochheiligen Geburtstag des Herrn, als der König bei der Messe vor dem Altar über dem Grab des Apostels Petrus sich vom Gebet erhob, setzte ihm Papst Leo eigenhändig eine kostbare Krone aufs Haupt und übertrug ihm das Imperium Romanorum. [...]. Karl wurde fortan Imperator und Augustus genannt. (Einhard, Vita Caroli, um 830; gekürzt) M5 Beispiel für eine Darstellung: Roms Erfolg (hat) [...] vielerlei Gründe: Doch entscheidend war seine (= Roms; Anm. d. A.) allgemeine Großzügigkeit (wenn man von Landkonfiszierungen absieht), die Flexibilität, mit der es allmählich den Rest Italiens an sich band, und die Kriegsstärke, über die es dadurch verfügte. Ferner lieferte auch der Erfolg der römischen Expansion und Roms Bereitwilligkeit, die damit verbundenen Gratifikationen (Kriegsgewinne) zu teilen, eine Erklärung für seine Stärke, sie beruhte auf dem Konsens sowohl innerhalb des römischen politischen Systems als auch mit dem italischen Bund […]. (Crawford: Die römische Republik, 1984, S. 45; gek. d.d.A.) M6 M7 M8 10 Kompetenztraining Historische Sachkompetenz Die Begriffe/Konzepte „Geschichte“ und „Vergangenheit“ sowie „Quelle“ und „Darstellung“ klären und hinsichtlich ihrer Verwendung differenzieren Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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