60 „Nun gut, dann zeig uns den Sprung“, sagt Frau Söller. Unter den anfeuernden Rufen der Klasse steigt Hannes die ersten Stufen des Sprungturms hinauf. Das Bauchbrummen wird stärker. Und der Hals wird eng und trocken. Endlich steht er ganz oben. Mann, ist das tief! „Spring!“, schallt es herauf. „Springen!!!“ Langsam lässt Hannes das Geländer los. Er tritt an den Rand des Turmes. Dort bleibt er stehen. So lange, bis er ganz ruhig wird. Bis das Bauchbrummen verschwindet. Und sein Kopf wieder frei wird, dass er denken kann. Unten ist es ganz still geworden. Alle erwarten den Sprung. Aber da tritt Hannes vom Rand des Sprungturmes zurück. Langsam steigt er die Stufen hinunter. Und dann steht er vor der Klasse. Er sieht den Jungen und Mädchen in die Augen. „Warum bist du nicht gesprungen, Mensch?“, ruft Susen enttäuscht. Die anderen beginnen zu lachen. Worte wie „Angeber“ und „Feigling“ sind zu hören. Da nimmt Hannes all seinen Mut zusammen. Es ist, als müsste er doch noch vom Dreimeterturm springen. Nur viel schwerer ist es. Er sagt: „Ich ... hatte einfach Angst.“ Alle schweigen. Auch Frau Söller. Aber dann lächelt sie ihm aufmunternd zu. Endlich kann er tief durchatmen. Er stößt Frau Söller den Ball aus der Hand. Der Ball fällt ins Wasser. „Jippiheijeee!“ Hannes springt vom Beckenrand dem Ball hinterher, dass das Wasser nur so spritzt. Gunter Preuss (bearbeitet) 30 35 40 45 • Hast du dich auch schon einmal getraut, etwas nicht zu machen, obwohl andere dich dazu überreden wollten? Wie hast du dich dabei gefühlt? Wie ich mich fühle LE▶ Literarische Kompetenz zunehmend aufbauen. ▶ Lesetraining, Seite 46 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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