Wellen im Weltall Der Schwerpunkt von Physik 6 liegt einerseits auf mechanischen Schwingungen und Wellen und andererseits auf elektrischen Strömen sowie elektrischen und magnetischen Feldern. Beispiele zeigen uns, wie man von der Beobachtung eines Phänomens zunächst zur qualitativen, dann zur quantitativen Beschreibung gelangt. Die in der Mechanik gefundenen Gesetzmäßigkeiten passen auch auf weitere Phänomene wie z. B. elektrische Schwingungen und Lichtwellen. Beim Begriff Welle denken wir sofort an Wasserwellen. 8.1 zeigt, wie Wassertropfen punktuell eine Wasseroberfläche in vertikale Schwingungen versetzen und wie diese schließlich als Welle die ganze Oberfläche erfassen. Nicht Wasser wird nach außen transportiert, auch wenn es so aussehen könnte, sondern der Schwingungszustand und dadurch auch Energie. Die Anschaulichkeit mechanischer Schwingungen und Wellen hat einen Nachteil: Sie legt fälschlicherweise die Vorstellung nahe, dass immer ein materielles Medium zur Wellenausbreitung notwendig ist. Lange Zeit wurde daher als Medium für die Lichtausbreitung ein „Äther“ angenommen, der das Vakuum des Weltalls ausfüllt. Experimente zu dessen Nachweis scheiterten. Die Lösung brachte Einsteins Spezielle Relativitätstheorie (1905) mit der Aussage: Der Äther ist überflüssig! (siehe Physik 8) Was schwingt bei Licht und anderen elektromagnetischen Wellen? Jeder elektrisch geladene Körper verursacht in seiner Umgebung ein Kraftfeld, das auf andere geladene Körper einwirkt. Wenn der geladene Körper beschleunigt wird, breitet sich die Änderung des Kraftfeldes mit Lichtgeschwindigkeit als elektromagnetische Welle aus. (siehe Physik 7) Das größte physikalische System ist das Universum. Dass es selbst schwingen kann und dabei Gravitationswellen hervorruft, ist vielleicht überraschend. Deren erste direkte Beobachtung ist ein Beispiel aktueller Forschung. Mit Newtons Gravitationsgesetz (siehe Physik 5, S. 46) wurde klar, dass dieselben physikalischen Gesetze für die Bewegungen von Himmelskörpern und von Objekten auf der Erde gelten. Newton vermied es zu spekulieren, wie die Gravitation, d. h. die gegenseitige Anziehung von Körpern auf Grund ihrer Masse, zustande kommt. Ein Rätsel war, warum die Masse eines Körpers sowohl dessen Trägheit als auch die Stärke seiner Anziehungskraft (Gravitation) bestimmt. Albert Einstein fand eine Erklärung für den Ursprung der Gravitation. Zehn Jahre nach der Veröffentlichung der Speziellen Relativitätstheorie, als deren Symbol die Formel E = mc 2 gilt, vollendete er im Jahr 1915 seine Arbeit an der Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie ist die Theorie der Gravitation. Grundzüge dieser Theorie sind Thema in Physik 8. Hier soll genügen: Die Geometrie der vierdimensionalen Raum-Zeit (bestehend aus Raum und Zeit) wird durch vorhandene Massen bestimmt: Massen verzerren den Raum. Das beeinflusst Lichtstrahlen, die von entfernten Objekten kommen. Sie sind nicht mehr geradlinig, sondern folgen in der Nähe von massereichen Objekten gekrümmten Bahnen (9.1). Dieser Effekt wurde bereits im Mai 1919 bei einer totalen Sonnenfinsternis überprüft: Kurzzeitig verdeckte der Mond die Sonne. Es wurden Sterne sichtbar, die im Mai tagsüber am Himmel nicht sichtbar sind. Fotos zeigten die Corona der Sonne und einige sonnennahe Sterne. Der Vergleich dieser Fotos mit Fotos im Winter mit denselben Sternen ergab: Je näher Sterne zur Sonne stehen, desto mehr ist ihre Position scheinbar von der Sonne weg verschoben. Der winzige Effekt – weniger als zwei Bogensekunden – entsprach Einsteins Vorhersage – eine wissenschaftliche Sensation. Einstein wurde plötzlich zum Star! 8.1 Ausbreitung von Wasserwellen 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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