Der Schwerpunkt S eines starren Körpers ist folgendermaßen definiert: Für jede beliebige Lage des Körpers und jede Achse durch den Schwerpunkt S befindet sich der Körper im Gleichgewicht. Das Gewicht der einzelnen Teile des Körpers verursacht Drehmomente, die einander kompensieren, wenn die Drehachse durch den Schwerpunkt geht. Verschiebt man die Drehachse so, dass der Schwerpunkt senkrecht unter ihr ist, dann befindet sich der Körper in einem stabilen Gleichgewicht: Wenn er aus dieser Lage geringfügig gedreht wird, entsteht ein rücktreibendes Drehmoment. Befindet sich der Schwerpunkt senkrecht über der Drehachse, ist der Körper im labilen Gleichgewicht. Jede Störung des Gleichgewichts führt zum Umfallen des Körpers, wenn nicht schnell reagiert wird. Das Stehen und Gehen auf zwei Beinen mussten wir als Kleinkinder mühsam lernen! Man kann den Schwerpunkt als Angriffspunkt des Körpergewichts ansehen. Daher kann man die Bewegung eines starren Körpers aus zwei Anteilen zusammensetzen: − die Translation des Schwerpunkts (kräftefrei oder unter Einwirkung von Kräften) − die Drehung des starren Körpers um seinen Schwerpunkt Rotationsenergie Beschleunigt man einen starren Körper auf die Winkelgeschwindigkeit ω, so verrichtet man Arbeit und überträgt Energie auf den Körper: Die Energie der Drehbewegung heißt Rotationsenergie, sie ist die Summe der kinetischen Energien aller Punkte des rotierenden Körpers. Zur Vereinfachung betrachten wir wieder das rotierende Rad (Radius R, Masse m) mit masselosen Speichen. Jeder Punkt am Radumfang bewegt sich mit der Geschwindigkeit v = R· ω. Die gesamte kinetische Energie der Rotation ist daher E rot = 1_ 2 m·v 2 = 1_ 2 m·R 2·ω 2 = 1_ 2 I·ω 2, mit m·R 2 als Trägheitsmoment I des Rades. Diese Beziehung gilt für beliebig geformte Körper, wobei wir das entsprechende Trägheitsmoment einsetzen müssen: Rotationsenergie E rot = 1_ 2 I·ω 2 Einheit: Joule (J) 1 J = 1 kg·m 2·s −2 Die Rotationsenergie wächst mit dem Quadrat der Winkelgeschwindigkeit und ist umso größer, je größer das Trägheitsmoment ist. Dieser Effekt wird bei Schwungrädern zum Speichern von Energie genutzt. Schwungräder unterstützen den gleichmäßigen Lauf von Maschinen. Beispielsweise ist dies bei Automotoren wichtig. Jeder Zündvorgang in den Zylindern führt zu einem Ruck auf die Kurbelwelle. Das Drehmoment des Motors ist dadurch ungleichmäßig. Dies gleicht das Schwungrad auf der Kurbelwelle aus. (24.3, 24.4) Wenn die Kurbelwelle beschleunigt wird, wird das Schwungrad ebenfalls beschleunigt und nimmt Rotationsenergie auf. Wenn die Kurbelwelle langsamer wird, gibt das Schwungrad Energie ab und gleicht dadurch den Lauf des Motors aus. Das Schwungrad überträgt über die Kupplung und das Schaltgetriebe das vom Motor erzeugte Drehmoment auf die Antriebsachsen des Autos. Untersuche, überlege, forsche: Seiltanz ohne Absturz 24.1 W4 Hochseilartistinnen und -artisten befinden sich auf dem Hochseil im labilen Gleichgewicht. Zur Stabilisierung benutzen sie lange Balancierstangen. Überlege, wie es dadurch leichter möglich wird, Kippbewegungen auszugleichen und Abstürze zu verhindern. 24.1 Geichgewichtslagen Drehachse A = S Drehachse A S A S Drehachse Im stabilen Gleichgewicht liegt der genau senkrecht unter der Drehachse. Schwerpunkt Im indifferenten Gleichgewicht liegt die Drehachse im Schwerpunkt. Im labilen Gleichgewicht liegt der genau senkrecht über der Drehachse. Schwerpunkt Stabiles Gleichgewicht Indifferentes Gleichgewicht Labiles Gleichgewicht Drehachse A S Drehachse m indifferenten Gleichewicht liegt die Drehchse im Schwerpunkt. Im labilen Gleichgewicht liegt der genau senkrecht über der Drehachse. Schwerpunkt t Labiles Gleichgewicht 24.2 Gehen auf der Slackline – ein Gleichgewichtstraining. 24.3 Bei einem Automotor speichert das Schwungrad (mit Anlasserkranz und Kupplung) Rotationsenergie. Das Bild zeigt ein Schwungrad mit demontierter Kupplung. 24.4 Das Schwungrad liegt zwischen Kurbelwelle und Getriebe. 24 Mechanik II 2 Drehimpuls Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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