Sexl Physik 6 RG, Schulbuch [Teildruck]

Im Alltag werden zahlreiche Werkzeuge genutzt, um Drehbewegungen von Gegenständen in Gang zu setzen, zu beschleunigen oder zu bremsen. Als Beispiel wählen wir einen Schraubenschlüssel. Der Text zur Abbildung (22.1) führt den Begriff Drehmoment ein. Wie lässt sich der neue Begriff begründen? Wir stellen uns daher die Frage, wie das zweite Newton’sche Gesetz F = m·a für Drehbewegungen geschrieben werden kann. Beim Drehen des Werkzeugs um die Drehachse A bewegt sich der Punkt P auf einem Kreis mit dem Radius ​| ​→ r ​| ​= R​. Nur die tangentiale Kraftkomponente ​F ​ T ​= F·sin( γ) beschleunigt die Drehbewegung. Indem wir mit a = R· α die Winkelbeschleunigung α einführen, ergibt sich die Bewegungsgleichung m·a = m·R· α = ​F ​T ​= F·sin( γ) Für den Kraftarm ​r ​0 ​gilt ​r ​0 ​= R·sin( γ), wie man am rechtwinkeligen Dreieck in der Abbildung sehen kann. Durch Multiplikation der Bewegungsgleichung mit R erhalten wir m·​R ​2​· α = ​F ​ T​·R = F·R·sin( γ) = F·​​r ​0​ Gleichung (1) Der Ausdruck F·​​r ​0 ​heißt Drehmoment M bezüglich der Drehachse A. Das Drehmoment ist ein Vektor und gibt die Richtung der Drehbeschleunigung an. Es steht senkrecht auf die durch ​→ r ​und ​ → F ​gebildete Ebene. Drehmoment = Kraft mal Kraftarm M = F·​r ​0​ Einheit: Newtonmeter (N·m) Trägheitsmoment Die linke Seite der Gleichung (1) ist das Produkt aus Winkelbeschleunigung α und einer für den rotierenden Körper spezifischen Größe m·​R ​2​, die als Trägheitsmoment I bezeichnet wird. Damit lautet die linke Seite der Gleichung (1): Trägheitsmoment mal Winkelbeschleunigung. Trägheitsmoment Das Trägheitsmoment I spielt für Winkelbeschleunigungen dieselbe Rolle wie die Masse für geradlinige Beschleunigungen. Das Trägheitsmoment hängt nicht nur von der gesamten Masse des starren Körpers ab, sondern auch von der Verteilung der Masse relativ zur Drehachse. Für einen Ring oder Hohlzylinder, bei denen die gesamte Masse im Abstand R konzentriert ist (22.2), gilt ​I ​= m·​R ​2 ​(Trägheitsmomente anderer starrer Körper sind in 22.3 angeführt). Gleichung (1) kann daher in folgender Form geschrieben werden: Bewegungsgleichung der Rotation ​ → M ​= I· ​→ α ​ Drehmoment = Trägheitsmoment mal Winkelbeschleunigung Ein Drehmoment beschleunigt die Rotationsbewegung eines starren Körpers ähnlich wie eine Kraft die lineare Bewegung eines Massenpunkts verändert. Vorsicht! Verwechslungsgefahr: Bei rotierenden Körpern bezeichnet I deren Trägheitsmoment. Jedoch wird im Bereich der Elektrizität mit I die elektrische Stromstärke (Einheit: Ampere A) bezeichnet. 22.1 Kraft und Drehmoment bei einem Schraubenschlüssel. Die Kraft F greift am Punkt P des um A drehbaren Werkzeugs an und erzeugt ein Drehmoment. Dieses hat den Betrag Kraft F mal Kraftarm ​r ​0​. ​r ​0 ​ist der Abstand der Wirkungslinie der Kraft von der Drehachse A. Das Drehmoment steht normal auf die Ebene aus ​→ r ​und ​ → F ​. A P r0 FT r F γ 22.2 Zur Berechnung des Trägheitsmoments eines Ringes: Zerlege den Ring in viele kleine Stücke, jedes mit der Masse dm. Dadurch wird die Masse des Rings in kleine Portionen zerlegt, die zusammen die Masse m des Rings haben. Jedes Stück trägt zum Trägheitsmoment dm·​R ​2 ​bei, insgesamt gilt daher I = m·​R ​2​. R Rotationsachse dm Hohlzylinder, Rad mit (masselosen) Speichen m·​R ​2​ Vollzylinder, homogenes Scheibenrad 1/2 m·​R ​2​ Homogene Vollkugel 2/5 m·​R ​2​ Dünner Stab (Länge L, Drehachse senkrecht zum Stab durch den Mittelpunkt) 1/12 m·​R ​2​ 22.3 Trägheitsmomente einfacher Körper bzgl. einer drehsymmetrischen Achse durch den Mittelpunkt 22.4 Erfahrungen mit der Trägheit bei Drehbewegungen: Wenn man die Massen enger zusammenschiebt, dann lässt sich die Hantel wesentlich leichter nach oben und unten kippen. Warum ist das so? Wie hängt die Massenverteilung mit der Trägheit zusammen? Trägheitsmoment beliebig geformter Körper Man denkt sich den starren Körper in einzelne Massenpunkte (Masse ​m ​i​, Abstand von der Drehachse ​r ​i​) zerlegt. Das Trägheitsmoment des Körpers ist die Summe der Einzelbeiträge: ​I = ​m ​1​·​r ​1 ​ 2 ​+ ​m ​ 2​·​r ​2 ​ 2 ​+ ⋯​ 22 Mechanik II 2 Drehimpuls Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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