1.1 Energieerhaltung Durch Arbeit (Hub-, Beschleunigungsarbeit) werden die potenzielle bzw. kinetische Energie eines Körpers verändert. Andererseits heißt es immer, dass die Gesamtenergie erhalten ist. Ist das nicht ein Widerspruch? Um den scheinbaren Widerspruch aufzulösen, ist es zweckmäßig, den Begriff System einzuführen. Systeme – isoliert oder offen Ein System besteht aus verschiedenen Körpern, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Den Rest der Welt bezeichnet man als Umgebung oder Umwelt. Es ist immer dann hilfreich, ein System von der Umgebung abzugrenzen, wenn – das System mit seiner Umgebung entweder gar nicht in Wechselwirkung steht (isoliertes System) oder – das System mit der Umgebung Energie (und eventuell auch Materie) austauschen kann (offenes System). Energieerhaltung im offenen System 77.2 zeigt als Beispiel eine Achterbahn. Das „System“ besteht aus dem Wagen, der Erde und natürlich auch aus den Schienen. Die Schienen führen den Wagen auf seiner Bahn. Zu Arbeit und Energieumsatz tragen die Schienen nichts bei: Die Kraft der Schienen auf den Wagen wirkt im rechten Winkel zur Fahrbahn und verrichtet keine Arbeit. Den Antrieb zum Hinaufschleppen des Wagens sehen wir als Teil der Umgebung an: Der Elektromotor bezieht elektrische Energie über das Stromnetz von einem entfernten Kraftwerk. Die Fahrt beginnt, indem der Wagen mit den Passagierinnen und Passagieren die Rampe hochgezogen wird. Der motorgetriebene Seilzug setzt den Wagen in Bewegung (Beschleunigungsarbeit) und hebt den Wagen (Hubarbeit). Dabei erhöht er die potenzielle Energie des Wagens, bis der höchste Punkt erreicht ist. Die Gesamtenergie, potenzielle und kinetische Energie, erhöht sich vom Anfangswert Eges, Anfang auf den Endwert Eges, Ende. Für diesen Teil der Fahrt gilt daher: Energieerhaltungssatz für offene Systeme Mechanische Arbeit W aus der Umgebung ändert die Gesamtenergie des Systems: Eges, Ende = Eges, Anfang + W Energieerhaltung im isolierten System Nach Erreichen des höchsten Punkts erfolgt die Fahrt auf der Achterbahn ohne Energiezufuhr von außen: Das System aus Wagen, Erde und Schienen ist nun isoliert. Der Wagen fährt talwärts (78.2), seine Geschwindigkeit erhöht sich. Potenzielle Energie Ep wird in kinetische Energie Ek umgewandelt. Es gilt – solange Reibung keine Rolle spielt – in jedem Punkt der Bahn: Energieerhaltungssatz für isolierte Systeme In isolierten reibungsfreien Systemen ist die Gesamtenergie konstant: Eges = Ek + Ep = 1 _ 2 m·v2 + m·g·h = const. Unterschiedliche Energieformen können ineinander umgewandelt werden. Isolierte Systeme sind Idealisierungen. Beispiele für isolierte Systeme in unterschiedlichen Größenordnungen sind: – Das System Sonne-Erde-Mond: Dabei vernachlässigt man den Einfluss der anderen Planeten, insbesondere des Jupiter, auf die Erdbahn (77.3). – Tischplatte und ein auf ihr hüpfender Ball: Dabei vernachlässigt man den Luftwiderstand und weitere Reibung im Material. Was mutet uns die Physik da zu? Sie behauptet, genaue Vorhersagen machen zu können, aber anscheinend kann sie dies nur für Systeme, die es eigentlich nicht gibt. Es gilt: Idealisierungen sind umso hilfreicher, je schwächer die vernachlässigten Effekte sind. 77.1 Stroboskopaufnahme eines Fadenpendels. Die mehrfache Belichtung des Fotos erfolgte in gleichen Zeitabständen. Wo bewegt sich der Pendelkörper schnell, wo langsam? Zu welchem Typ von Systemen gehören Fadenpendel, wenn man den Luftwiderstand vernachlässigt bzw. doch berücksichtigt? 77.2 Auffahrt zur Achterbahnfahrt. Der Motor hebt den Wagen die Rampe hoch, die Energie dazu kommt aus dem Stromnetz. Elektrische Energie Motor Offenes System 77.3 Der Planet Jupiter ist nach der Sonne der massereichste Körper im Sonnensystem. Mit seiner Gravitationskraft stört Jupiter die Bahnellipsen der Erde, so dass sich die Erdbahn in jeweils ca. 100 000 Jahren zwischen fast kreisförmig und stärker gestreckt ändert. Dies gilt als einer der Gründe für die periodisch wiederkehrenden Eiszeiten der letzten Million Jahre. Verringerte Sonneneinstrahlung durch größeren Abstand zur Sonne fördert in den Polargebieten die Vereisung. Die gegenwärtige Erwärmung und der Rückgang der Gletscher und des polaren Eises sind allerdings Folgen der vermehrten Treibhausgase in der Erdatmosphäre. 77 1 Mechanische Arbeit und Energie Thermodynamik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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