Lotrechter Wurf Wirft man einen Ball mit einer Anfangsgeschwindigkeit v0 lotrecht nach oben, dann würde der Ball ohne Schwerkraft mit der anfänglichen Geschwindigkeit gleichförmig steigen. Wie hoch steigt der Ball und wie lange? Da es hier um die Beträge geht, verzichten wir auf die Vektorschreibweise. Nach der Zeit t hätte er die Höhe v0·t über dem Startpunkt erreicht. Würde man ihn lediglich fallen lassen, dann hätte er nach der Zeit t eine nach unten gerichtete Geschwindigkeit −g·t erreicht und wäre um − 1 _ 2 g·t2 unter den Startpunkt gefallen. Insgesamt ergibt sich nach der Zeit t die Geschwindigkeit v = v0 − g·t und die Wurfhöhe h = v0·t − 1 _ 2 g·t 2. Die Geschwindigkeit nimmt ab und wird am Umkehrpunkt null. Daher ergibt sich die gesamte Steigzeit th aus Gleichung (1) durch Einsetzen von v = 0. Die Steighöhe h erhält man durch Einsetzen in die Gleichung (2) und durch Vereinfachung: th = v0 _g Steigzeit beim lotrechten Wurf h = v0 2 _ 2 g Steighöhe beim lotrechten Wurf Waagrechter Wurf Ein Tennisball wird mit der Geschwindigkeit v0 in waagrechter Richtung abgeschossen. Wie bewegt sich der Ball, wenn man vom Luftwiderstand absieht? Wie in obigem Beispiel führt auch hier der Ball gleichzeitig zwei Bewegungen aus (55.2): Eine gleichförmige waagrechte Bewegung mit der Geschwindigkeit v0 in Wurfrichtung und eine gleichmäßig beschleunigte Fallbewegung lotrecht nach unten. Die Zusammensetzung von beiden Bewegungen durch vektorielle Addition ergibt als Bahn eine krumme Kurve. Sie heißt „Wurfparabel“ (55.2). Dass beide Bewegungen tatsächlich unabhängig voneinander vor sich gehen, zeigen folgende Experimente. Experiment: Wurfbewegungen 55.1 Du brauchst: ein Brett (z. B. ein Lineal), zwei Kugeln a) Baue die in 55.3 skizzierte Anordnung auf. Wird dem drehbaren Brett B ein kurzer, heftiger Schlag versetzt, so wird der ersten Kugel K1 der Boden entzogen. Sie fällt in lotrechter Richtung im freien Fall nach unten, während die zweite Kugel in waagrechter Richtung fortgeschleudert wird. Beide Kugeln schlagen gleichzeitig auf dem Boden auf, unabhängig von der Fallhöhe. b) Bringe an einer waagrechten Tischplatte seitlich in gleicher Höhe ein glattes Brett an (55.4). Auf diesem Brett soll die erste Kugel K1 möglichst reibungsfrei zur Wand rollen, während die zweite Kugel K2 mit der gleichen Geschwindigkeit die Tischplatte entlang läuft und unterwegs abstürzt, also eine Wurfbewegung ausführt. Beide Kugeln schlagen gleichzeitig gegen die Wand. E4 c) Interpretiere diese Ergebnisse. Der minoische Vulkanausbruch Ein Vulkanausbruch kann als Beispiel für einen lotrechten Wurf nach oben angesehen werden. Der minoische Vulkanausbruch fand vor ca. 3 600 Jahren auf der rund 100 Kilometer nördlich von Kreta liegenden Insel Thera (Santorin) statt. Er gilt in der Forschung als der wahrscheinlich gewaltigste Vulkanausbruch der Menschheitsgeschichte. Die Sprengkraft entsprach etwa 10 000 Atombomben des Typs von Hiroshima. Vulkanische Ablagerungen finden sich im gesamten östlichen Mittelmeerraum. Daraus lässt sich auch auf den ungefähren Zeitpunkt der Eruption schließen. Einige Historiker vermuten, dass der Vulkanausbruch und ein dadurch verursachter Tsunami einer der Gründe für den Untergang der ältesten Hochkultur Europas, der minoischen Kultur auf der Insel Kreta, sein könnte. 20 10 0 50 0 –50 1 1 2 2 3 3 t in s t in s h in m v in m/s Weg-Zeit-Diagramm Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm h t t = 14,14· – 5 2 v t = 14,14 –10 55.1 Lotrechter Wurf nach oben: Interpretiere die Diagramme 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9101112131415 Wurfweite in m -15 -14 -13 -12 -11 -10 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 Wurfhöhe in m v t0 g t2 2 . . 1 55.2 Ein waagrecht abgeschossener Körper bewegt sich wegen der lotrecht nach unten gerichteten Fallbeschleunigung auf einer gekrümmten Bahn (Wurfparabel). K1 K2 B 55.3 Anordnung, mit der sich die waagrechte Wurfbewegung und die lotrechte Fallbewegung vergleichen lassen. K1 K2 55.4 Beide Kugeln werden in waagrechte Richtung kurz beschleunigt. Sie schlagen gleichzeitig gegen die Wand. Lotrecht, senkrecht und vertikal bedeuten dasselbe! In der Technik wird zumeist der Begriff lotrecht verwendet. 55 Mechanik I 4 Spezielle Bewegungsformen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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