Am Beginn des Ziehens erkennt man, dass der Körper an der Unterlage haftet. Man braucht Kraft, um den Körper in Bewegung zu versetzen. Man bezeichnet die Kraft, mit der der Körper an der Unterlage haftet, als Haftreibungskraft (50.1). Es erfordert weniger Kraft, einen bereits in Bewegung befindlichen Körper in Bewegung zu halten. Dies lässt sich damit erklären, dass die Oberflächen von Körper und Ebene nicht glatt sind, sondern sehr kleine Unebenheiten aufweisen (50.3). Diese verzahnen sich ineinander, wenn der Körper ruht. Wenn er in Bewegung ist, gleiten sie übereinander, indem sie sich nur mit den Spitzen der Unebenheiten berühren. Wir sprechen jetzt von Gleitreibung. Bei einem Rollen über die Unterlage ist die Reibungskraft nochmals kleiner. Die kleinere Rollreibung nutzte man bereits im Altertum, etwa beim Bau der Pyramiden, um große Lasten leichter zu transportieren. In allen Fällen erweist sich die Reibungskraft zwischen dem Körper und der Unterlage als nahezu unabhängig von der Geschwindigkeit, auch unabhängig von der Größe der Berührungsfläche! Die Reibungskraft ist umso größer, je stärker der Körper auf die Unterlage drückt. Wir bezeichnen diese Kraft als Normalkraft FN, da sie normal zur Unterlage wirkt. In unserem Fall entspricht sie der Gewichtskraft. Die Reibungskraft F ist proportional zur Normalkraft FN. F = f·FN Die Reibungskraft ist der Bewegungsrichtung entgegengesetzt. f bezeichnet man als Reibungszahl. Die Reibungszahl f muss für jeden Fall experimentell bestimmt werden. Die Haftreibung ist größer als die Gleitreibung und diese größer als die Rollreibung. Ein Autoreifen auf trockenem Asphalt hat zum Beispiel eine Haftreibungszahl fH = 0,55 und eine Rollreibungszahl fR = 0,02. Bremsverzögerung eines PKW auf waagrechter Fahrbahn Rollreibung: Die Rollreibungszahl eines PKW-Reifens ist ca. fR = 0,02. Aus FR = fR·FN = fR·m·g sehen wir, dass die Bremsverzögerung a = FR/m durch den Rollwiderstand etwa 0,02 g beträgt. Bei 50 km/h würde der PKW auf ebener Strecke (FN = FG) nach etwa 500 m zum Stillstand kommen. Daher braucht man ein wirksames Bremssystem. Haftreibung: Die Haftreibungszahl fH beträgt für Gummi auf Beton – also bei optimalen Bedingungen – 0,8 bis 1,0. Solange sich die Räder drehen, können wir die Haftreibung zum Verzögern nutzen: Die Bremsverzögerung kann 8 … 10 m/s2 betragen, bei Schnee und Eis sinkt sie unter 2 m/s2. Der Bremsweg vergrößert sich entsprechend der Formel s = v2 _ 2 a . Gleitreibung: Blockieren allerdings die Räder, so ist die – besonders bei nasser Fahrbahn – kleinere Gleitreibungszahl fG = 0,1 (Eis) … 0,4 (nasser Asphalt) einzusetzen. Der Bremsweg verlängert sich. Viel schlimmer ist jedoch, dass keine Kräfte zum Lenken von der Fahrbahn auf das Fahrzeug übertragen werden, das Fahrzeug unlenkbar ist und in einer Kurve tangential rutscht. Antiblockiersysteme (ABS) verhindern diesen Zustand: Sensoren überwachen die Räder und reduzieren die Bremskraft, wenn Räder beginnen zu blockieren. Untersuche, überlege, forsche: Bremsweg 51.1 W1 a) Berechne und vergleiche die Bremswege bei den drei Reibungsarten für übliche Geschwindigkeiten: 30 km/h (Schutzzone), 50 km/h (Stadtgebiet), 100 km/h (Freilandstraße), 130 km/h (Autobahn). S4 b) Diskutiere die Konsequenzen für Autofahrerinnen und Autofahrer bzw. andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. 51.2 S1 Vergleiche die Bremswirkung bei einem PKW (Masse m = 1 500 kg) für den Rollwiderstand (Rollreibungszahl fR = 0,015), für optimales Bremsen auf trockener Betonfahrbahn (Haftreibungszahl fH = 0,9) und bei blockierten Bremsen (Gleitreibungszahl fG = 0,4). Ermittle die Strecke, die das Auto bei 72 km/h jeweils zum Stehenbleiben braucht. Beschreibe die Auswirkungen, wenn die Bremsen blockieren. Erörtere die besten Maßnahmen, die man ergreifen kann, wenn die Bremsanlage ausfällt. Alltagssprache und Fachsprache Reibung ist ein Vorgang, durch den Reibungskräfte entstehen. Zwischen den beiden Begriffen wird im Allgemeinen nicht unterschieden. Mit Reibung ist häufig die Reibungskraft gemeint. 51.1 In Kugellagern tritt statt der Gleitreibung die wesentlich geringere Rollreibung auf. Zusätzlich werden Achsen und Lager mit Schmierstoffen geschmiert. Damit verhindert man die direkte Berührung der Maschinenteile. Stoffpaar fH fG Holz auf Stein 0,7 0,3 Gummi auf Beton (trocken) 0,8 0,5 Gummi auf Beton (nass) 0,4 0,35 Gummi auf Eis (trocken) 0,2 0,15 Gummi auf Eis (nass) 0,1 0,08 Stahl auf Stahl (trocken) 0,15 0,12 Stahl auf Stahl (geschmiert.) 0,11 0,05 Stahl auf Eis 0,027 0,014 51.2 Reibungszahlen (Näherungswerte): fH = Haftreibungszahl fG = Gleitreibungszahl 51.3 Beim Aquaplaning verliert der Reifen den Kontakt zur Fahrbahn, es befindet sich ein Wasserfilm zwischen Gummi und Asphalt. Dadurch können keine Kräfte mehr übertragen werden. Das Auto lässt sich weder lenken noch bremsen. 51 Mechanik I 3 Der Einfluss der Reibung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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