Meilensteine der Entwicklung von Dampfmaschinen Heronskugel: Von Heron, einem berühmten Mathematiker und Techniker, der vermutlich im 1. Jahrhundert n. Chr. im ägyptischen Alexandria lebte, sind einige Bücher als Abschriften und Übersetzungen erhalten. In Pneumatika, dem Buch über die Wirkungen von Luft, Wasser und Dampf, wird neben anderen Maschinen beschrieben, wie Dampf aus einem geschlossenen heißen Wasserkessel durch Röhren in eine drehbare Kugel geführt wird und beim Ausströmen durch Düsen die Kugel in Drehung versetzt (142.1). Als Motor dürfte das Gerät noch nicht gedient haben – eher als Volksbelustigung, doch stellt es die erste Anwendung des Rückstoßprinzips beim Ausströmen von Flüssigkeiten und Gasen dar. Newcomen und die erste Dampfmaschine: Als im frühen 18. Jahrhundert in England immer mehr Bergbau (Kohle und Erze) betrieben wurde, stellte das eindringende Grundwasser in den Schächten ein großes Problem dar. Wie könnte man es abpumpen? Nach gescheiterten Versuchen seiner Vorgänger schuf Thomas Newcomen (1664– 1729), ein Schmied und Eisenhändler, im Jahr 1712 die erste funktionierende Maschine. Er nutzte die Volumenverkleinerung von Wasserdampf beim Kondensieren. 142.2 zeigt die Maschine. Der Dampfkessel (A) ist mit dem Zylinder (C) über ein Absperrventil (I) verbunden. Der bewegliche Kolben (D) verschließt den Zylinder. Im ersten Schritt (Expansion) strömt bei geöffnetem Ventil Dampf in den Zylinder, das Gewicht des Gestänges (G) und der Dampfdruck heben den Kolben, der Zylinder füllt sich mit Wasserdampf. Im anschließenden Arbeitsschritt wird mittels des Ventils (J) Wasser in den Zylinder gespritzt, der Dampf kondensiert. Der Druck im Zylinder sinkt auf wenige mbar. Der Luftdruck drückt den Kolben in den Zylinder. Die Kolbenbewegung wird auf das Gestänge (H) übertragen, wodurch Wasser aus dem Schacht gepumpt wird. Wegen ihrer einfachen Bauweise waren die Maschinen trotz ihrer geringen Effzienz sehr beliebt, bis zum Ende des 18. Jahrhundert wurden sie noch genutzt, wenn Kohle leicht und billig verfügbar war. James Watt revolutioniert die Dampfmaschine: Der Schotte James Watt (1736–1819) konnte wegen Armut weder studieren, noch eine Lehre abschließen. Zu seinem Glück brauchte man an der Universität Glasgow einen geschickten „Instrumentenbauer“. Als er ein Modell der Newcomen-Maschine reparieren sollte, erkannte er die großen Nachteile dieser Maschine: Durch Einspritzen von Wasser in den Zylinder kühlte dieser aus, der zugeführte Dampf diente großteils der Erwärmung des Zylinders. Seine Lösung: Er verband den Zylinder mittels Rohrleitung mit einem eigenen Gefäß, dem Kondensator, in dem der Dampf kondensierte und wo niedriger Druck herrschte. Den Zylinder schützte er durch ein „jacket“ vor Wärmeverlust. Später erfand Watt die doppelt wirkende Dampfmaschine mit einem geschlossenen Zylinder und die dazu nötige Ventilsteuerung (142.3). Bei jeder Hin- und Herbewegung des Kolbens verrichtet nun der einströmende Dampf mit seinem Überdruck Arbeit, während der Kondensator weiterhin für Unterdruck sorgt. Dem Übergang zu hohen Dampfdrücken stand der sicherheitsbewusste Watt skeptisch gegenüber – Dampfkessel explodierten oft. Als es im 19. Jahrhundert durch Fortschritte in der Metallbearbeitung gelang, Dampfkessel für hohe Drücke zu bauen, konnten die Dampfmaschinen kompakter werden und z. B. zum Antrieb von Lokomotiven dienen. Dampfturbinen: Der Schwede Gustav de Laval (1845–1913) und der Engländer Charles Parsons (1854–1931) erfanden in den 1880er Jahren die ersten Dampfturbinen. Sie haben im Vergleich zur Kolbendampfmaschine zwei wesentliche Vorteile: − Statt der pulsierenden Kolbenbewegung rotiert die Turbine gleichmäßig. − Es gibt innerhalb der Turbine nur einen thermodynamischen Vorgang, die Druck- und Temperaturabnahme des Dampfes, so dass die Maschine in thermodynamischer Hinsicht leichter optimiert werden kann. Daher hat die Dampfturbine die Kolbendampfmaschine ersetzt (142.4). 142.1 Die Heronskugel, ein antikes Gerät, demonstriert den Dampfdruck und das Rückstoßprinzip. 142.2 Maschine von Newcomen 142.3 Steuerung der doppelt wirkenden Dampfmaschine nach Watt: Je nach Schieberstellung strömt Dampf von rechts bzw. links in den Zylinder. 142.4 Rotor einer Dampfturbine vor dem Einbau. Heißer Dampf wird mit hohem Druck in der Mitte auf die Turbinenschaufeln geleitet, strömt nach links und rechts und überträgt Bewegungsenergie auf die Turbinenschaufeln. 142 Thermodynamik 5 Wärme- und Kältetechnik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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