Sexl Physik 5 RG, Schulbuch

3.4 Der osmotische Druck Wir lösen z. B. Zucker in Wasser auf. Die Moleküle verteilen sich wegen der thermischen Bewegung bald gleichmäßig in dem gesamten Flüssigkeitsvolumen. Der gelöste Stoff verhält sich ähnlich wie ein Gas, er verteilt sich im ganzen zur Verfügung stehenden Raum, wir sprechen von Diffusion. Der Vorgang ist temperaturabhängig. In heißem Wasser verläuft er schneller als in kaltem Wasser. Wir haben ein Gemisch aus den Teilchen der gelösten Substanz (hier Zucker) und den Teilchen des Lösungsmittels (hier Wasser). Das Lösen ist ein physikalischer Vorgang, keine chemische Reaktion. Ein überraschender Effekt zeigt sich im folgenden Experiment: Experiment: Osmotischer Druck 125.1 E1 Du brauchst: eine (PET-)Flasche ohne Boden, halbdurchlässige Membran (z. B. Cellophan), Zuckerlösung, Wasser, Gefäß, Stopfen mit Steigrohr (125.1) Die Flasche wird mit der halbdurchlässigen Membran unten verschlossen. Fülle die Zuckerlösung in die Flasche und verschließe sie. Dann stelle sie in ein Gefäß mit reinem Wasser. Was geschieht? Man beobachtet, wie die Flüssigkeit in der Flasche zunimmt, im Steigrohr ist dies deutlich zu sehen. Wie erklärt dies das Teilchenmodell? Wassermoleküle diffundieren durch die Membran in beiden Richtungen – im Gleichgewicht gleich viele in jeder Richtung. Das Gleichgewicht wird erreicht, wenn auf beiden Membranseiten die gleiche Teilchendichte vorhanden ist (was wegen der nur auf einer Membranseite vorhandenen Zuckermoleküle nicht möglich ist), oder wenn durch einen Gegendruck die Diffusion gestoppt wird. Den Gegendruck liefern die gelösten Moleküle: Diese bewegen sich unabhängig voneinander wie ein Gas durch das vorhandene Volumen, d. h. durch das Lösungsmittel. Ihr Verhalten gehorcht der Zustandsgleichung idealer Gase. Auf eine halbdurchlässige Membran, die eine Lösung vom reinen Lösungsmittel trennt, wirkt der osmotische Druck: p = ​ n·R·T _ V ​ Dabei gibt n die Stoffmenge in mol des im Volumen V gelösten Stoffes an. R … allgemeine Gaskonstante, T … Temperatur Der osmotische Druck hängt nur von der Konzentration des gelösten Stoffes ab, nicht von der Art des Stoffes oder des Lösungsmittels. Er steigt proportional zur Temperatur. Als Beispiel betrachten wir den osmotischen Druck von Apfelsaft, der 5 g Fruchtzucker (C6H12O6) pro Liter enthält. Mit einer Molekülmasse von 180 ist dies 5/180 mol. Bei 300 K ergibt sich als osmotischer Druck der gelösten Moleküle: p = ​ 5/180 mol·8,31 JK−1 mol−1·300 K ______ 10−3 m3 ​= 0,69·105 Pa = 0,69 bar p = 0,69 bar entspricht dem Druck am Boden einer Wassersäule von ca. 7 m Höhe! Biologische Bedeutung der Osmose Die Osmose spielt in der Biologie eine wichtige Rolle. Halbdurchlässige (semipermeable) Membranen sind Bauelemente vieler Zellen. Sie umschließen die Zellen und erlauben dennoch den Durchtritt derjenigen Moleküle, die für die Funktion und den Stoffwechsel der Zelle erforderlich sind. Der im Inneren von Zellen herrschende Zelldruck ist darauf zurückzuführen, dass der Zellsaft konzentrierter ist als die zwischen den Zellen zirkulierende Lösung. Durch Osmose gelangen Wasser und Nährstoffe über mikrometerkleine „Wurzelhaare“ in die Pflanzenwurzeln, von wo sie der Kapillar-Effekt durch das Leitungssystem der Pflanze bis in die Blätter bringt (125.3). 125.1 Experiment zur Osmose: Durch die Membran zwischen reinem Wasser und einer Zuckerlösung wandern Wassermoleküle in die Lösung. 125.2 Experiment in der Küche: Schneide in eine Kartoffel drei gleiche Gruben (wie in der Abbildung), „planiere“ die gegenüberliegende Seite der Kartoffel und lege die Kartoffel in eine Schale Wasser. Gib grobkörniges Salz in die erste Grube, in die zweite eine physiologische Kochsalzlösung (9 g NaCl auf 1 Liter destilliertes Wasser) und in die dritte destilliertes Wasser. Lasse das Ganze eine Stunde lang ruhen. Was beobachtest du? Erkläre die Beobachtung! Salz Salzlösung Wasser 125.3 Osmose und Kapillar-Effekt ermöglichen Pflanzensamen zu keimen und sich Platz zu verschaffen. 125 Thermodynamik 3 Das ideale Gas Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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