Was ist schwerer: trockene oder feuchte Luft? Bei einer Umfrage würde man wohl von vielen Menschen hören, dass die feuchte Luft schwerer sei, da sie hohe Luftfeuchtigkeit bedrückend empfinden. Wie können wir die Frage klären? Vergleichen wir zwei gleich große Pakete Luft, eines mit trockener Luft (ohne Wasserdampf) und eines mit feuchter Luft. Beide Pakete sollen die gleiche Temperatur und den gleichen Druck haben. Indem sich nun beim Verdunsten Wassermoleküle wegen des Dampfdrucks in das zweite Luftpaket drängen, verdrängen sie dabei einige vorher vorhandene Moleküle. Was bedeutet das für die Dichte (Masse pro Volumen)? Luft besteht zu 78 % aus Stickstoff N2 (zweiatomiges Molekül mit Massenzahl A = 14 + 14 = 28), 21 % Sauerstoff O2 (A = 16 + 16 = 32), 0,9 % Argon (Edelgas, A = 40) und einem Rest an Spurengasen. Für Wassermoleküle H2O ergibt sich A = 1 + 1 + 16 = 18, sie sind die leichtesten Anteile der Luft. Daher wird die Dichte der Luft bei steigendem Gehalt an Wasserdampf kleiner. Pakete mit feuchter Luft steigen daher durch Auftrieb (Archimedisches Prinzip, siehe S. 68) in trockener Umgebungsluft auf. Noch eine kleine Reflexion: Die Meinung, feuchte Luft sei schwerer, kommt von der falschen Vorstellung, dass Luft Wasserdampf wie ein Schwamm aufnimmt. Dies spiegelt sich auch in Redeweisen wie „Die Luft nimmt Wasserdampf auf“ wider. Extremwetter – Starkregen setzt Bregenz unter Wasser Ab dem Abend des 18. August 2022 setzte starker Regen Bregenz (Landeshauptstadt Vorarlbergs) und weite Teile der Umgebung unter Wasser (113.2). Innerhalb von 24 Stunden regnete es 210 Liter pro Quadratmeter. Das übertraf die durchschnittliche Regenmenge des ganzen Monats August um mehr als 20 %! Wie kann man sich die Folgen veranschaulichen? Ohne Abfluss wären ebene Flächen 21cm hoch überschwemmt. Zusätzlich kommt noch weiteres Wasser von den Bergen im Osten der Stadt! Wie konnte es dazu kommen? Bregenz liegt am Ufer des Bodensees, der mit einer Fläche von über 500km2 der drittgrößte natürliche See Mitteleuropas ist. Der August 2022 war einer der heißesten der letzten Jahrzehnte. Hohe Luft- und Wassertemperaturen verstärkten die Verdunstung, der Wasserstand sank täglich um 5 mm. Wieviel Wasserdampf kann die Luft enthalten? Was sagt uns die Grafik 111.1? Über der Oberfläche des Sees kann die Luft bei 30 oC bis zu 30 g/m3 Wasser enthalten. Die warme feuchte Luft steigt auf, kühlt sich ab und die Kondensation des Wasserdampfs führt zur Wolkenbildung. Die Wolkentürme aus Wassertropfen und Eiskristallen reichen schließlich bis in 10 km Höhe (siehe S. 112). Wir können nun abschätzen, wieviel Wasser in einer Säule von 10 km Höhe und 1 m2 Querschnitt in einer Gewitterwolke enthalten ist. Das betrachtete Volumen beträgt V = 10 000 m3: Wassermenge 0,03kg/m3·10 000 m3 = 300 kg. Oder als Volumen ausgedrückt: 300 Liter. Schlussfolgerung: Wenn eine solche Gewitterwolke zum Beispiel durch Stau an einem Bergrücken festsitzt, sind Regenmengen von katastrophalem Ausmaß sehr wahrscheinlich. Untersuche, überlege, forsche: Regen 113.1 S1 Recherchiere, was man unter dem Begriff „Staubewölkung“ versteht. 113.2 S1 Recherchiere die typischen Regenmengen in deiner Region für die unterschiedlichen Jahreszeiten und vergleiche diese mit den aktuellen Regenmengen für dieses Jahr. 113.1 Eine Cumulonimbus-Wolke, auch Amboss-Wolke oder Gewitterwolke genannt. 113.2 Überschwemmungen in Vorarlberg im August 2022 113 Thermodynamik 2 Phasenübergänge Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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