Zeitbilder 3, Arbeitsheft

55 zu den Schulbuchseiten 130 bis 135 war immer noch vor mir. Ich spürte frische Kraft in den Beinen und preschte ihm nach. Warren sprach laute Gebete, doch als er das Gemetzel um sich herum sah, wurden sie bald zu Flüchen. Nur wenige Pferde erreichten den Draht, darunter Topthorn und ich. Tatsächlich hatte unser Granatfeuer einige Löcher in den Draht gesprengt. Manche von uns fanden einen Weg hindurch, und wir standen endlich vor den feindlichen Gräben. Aber sie waren leer. Das Feuer kam von weiter oben. Die Schwadron, oder was von ihr übrig war, sammelte sich erneut zum Angriff und galoppierte hoch zum Wald, wo sie auf einen verborgenen Stacheldrahtverhau stieß. Einige Pferde konnten nicht mehr gestoppt werden, sie liefen direkt in den Draht und verfingen sich, während ihre Reiter fieberhaft versuchten, sie wieder herauszuziehen. Ich beobachtete, wie ein Kavallerist entschlossen abstieg, als ihm klar war, dass sein Pferd in der Falle saß. Er zog sein Gewehr und erschoss das Pferd, ehe er selbst tot über dem Stacheldraht zusammenbrach. Ich wusste sofort, dass es keinen Weg hindurch gab, wir konnten den Draht nur im Sprung nehmen, und als ich Topthorn und Captain Stewart an einer niedrigen Stelle darüberspringen sah, folgte ich ihnen. Nun fanden wir uns endlich inmitten des Feindes. Hinter jedem Baum, aus allen Gräben rundum, so schien es, kamen sie mit ihren Pickelhauben zum Gegenangriff hervor. Sie stürmten an uns vorbei, ohne auf uns zu achten, bis wir uns von einer ganzen Kompanie Soldaten umringt sahen, deren Gewehre auf uns gerichtet waren. Das dumpfe Krachen der Granaten und das Knattern der Gewehre waren schlagartig verstummt. Ich blickte mich nach dem Rest der Schwadron um, doch wir waren allein. Hinter uns galoppierte alles, was von unserer stolzen Kavallerieschwadron übrig geblieben war, zurück zu unseren Gräben. Der Hang war übersät mit Toten und Sterbenden. „Werfen Sie Ihren Säbel weg, Kavallerist“, sagte Captain Stewart, bückte sich im Sattel und ließ seinen Säbel zu Boden fallen. „Genug für heute mit dem sinnlosen Gemetzel. Weitermachen hat keinen Zweck.“ Er ließ Topthorn auf uns zugehen und nahm dann die Zügel an. „Ich habe Ihnen einmal gesagt, wir hätten die besten Pferde der ganzen Schwadron, Kavallerist, und heute haben sie uns gezeigt, dass sie die besten Pferde im ganzen Regiment sind, in der ganzen Armee.“ Er saß ab, als die deutschen Soldaten sich näherten, und Kavallerist Warren folgte ihm. Sie standen Seite an Seite, während die anderen uns umzingelten. Wir blickten zurück den Hang hinunter auf das Schlachtfeld. Ein paar Pferde quälten sich immer noch im Stacheldraht, doch eins nach dem anderen wurde von den vorrückenden deutschen Infanteristen von seinem Elend erlöst. Dies waren die letzten Schüsse der Schlacht. „Welche Verschwendung“, sagte der Captain. „Welch ungeheure Verschwendung. Vielleicht verstehen die jetzt, wenn sie das sehen, dass man keine Pferde in den Stacheldraht und ins Maschinengewehrfeuer schicken darf. Vielleicht denken sie jetzt noch mal nach.“ Die Soldaten ringsum wirkten misstrauisch und hielten sich auf Distanz. Offenbar wussten sie nicht recht, was sie mit uns anfangen sollten. „Die Pferde, Sir?“, fragte Kavallerist Warren. „Joey und Topthorn, was passiert jetzt mit ihnen?“ „Dasselbe wie mit uns, Kavallerist“, sagte Captain Stewart. „Sie sind Kriegsgefangene, genau wie wir.“ (nach: Michael Morpurgo, Gefährten. Freundschaft überwindet alle Grenzen) M1 Szene aus dem Spielfilm „Gefährten“ (Regie Steven Spielberg, USA, Großbritannien 2011) 1 Lies die Geschichte von Joey. Fasse seine Erzählung zusammen. Unterstreiche zuerst die Stellen im Romanausschnitt, an denen die positive Erwartung der Soldaten vor der ersten Schlacht deutlich wird, dann diejenigen, an denen die grausame Realität des Krieges sich abzeichnet. Verwende dafür zwei unterschiedliche Farben. Notiere auf ein Blatt Wörter, die im Zusammenhang mit dem Thema „moderner Krieg“ stehen (Waffen, Kriegsgeräte, …). Recherchiere die Bedeutung der Wörter. Vergleicht in Kleingruppen eure Ergebnisse. (HMK II) 2 Diskutiert in der Klasse über eure Eindrücke, die der Romanausschnitt vermittelt. (HOK III) 3 Prüfe, ob der Szenenausschnitt (M1) bzw. der Trailer des Films, den du auf Youtube ansehen kannst, die Eindrücke aus dem Romanausschnitt wiedergibt. (HFK II) Kriege und Frieden Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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