Zeitbilder 3, Arbeitsheft

11 zu den Schulbuchseiten 14 bis 19 Passau, 1527: Sebastian ist auf der Flucht. Die Schergen des Domherrn jagen ihn, und Sebastian weiß nicht, warum. Das Kloster der Ketzer 1 Lies den Text aufmerksam. Fasse den Inhalt in eigenen Worten zusammen. (HMK I) 2 Erläutere, welche Einstellung Notker zu Luther hat und welche Rolle der Buchdruck spielt. (HMK II) 3 Erläutere mithilfe des Schulbuchtextes, auf welchen historischen Ereignissen die Geschichte beruht. (HOK II) „Verschwinden wir!“, raunte Elmar und wollte schon zur Tür hinüber, durch die man über einen schmalen Gang und eine kurze, steile Stiege zu den rückwärtigen Kammern der Dienstboten gelangte. „Wartet!“, flüsterte Gisa erschrocken. „Ihr müsst unbedingt das Buch mitnehmen! Allmächtiger, fast hätte ich das in der Aufregung vergessen!“ Verwirrt sah Elmar sie an. „Was für ein Buch?“ „Eine Reisebibel mit gehämmerten Kupferdeckeln und zwei soliden Schlössern. Sie liegt dort in der Truhe neben dem Kamin, eingewickelt in einer alten ledernen Umhängetasche. Fragt nicht lange, sondern tut, was ich gesagt habe!“, teilte sie ihm hastig mit, während von der anderen Seite der Tür wieder wütende, drohende Stimmen zu ihnen drangen, die Einlass verlangten. „In der Ledertasche findet Ihr auch eine gut gefüllte Geldbörse.“ „Sei beruhigt, ich habe meinen Geldbeutel dabei, Mutter“, sagte Sebastian, der noch nicht recht begriffen hatte, dass es für absehbare Zeit keine Rückkehr nach Erlenhof gab – eine erfolgreiche Flucht vorausgesetzt. Sie bedachte ihn mit einem nachsichtigen Lächeln. „Ihr werdet viel mehr als eine Hand voll Münzen für das brauchen, was vor euch liegt.“ Ihr Blick ging zum Verwalter hinüber. „Bringt meinen Sohn nach Wittenberg, Elmar! In Wittenberg ist er vor Tassilo sicher! Fragt dort nach dem Druckherrn Leonius Seeböck. Sagt, dass Gisa von Berbeck Euch schickt. Alles Weitere werdet Ihr dort erfahren. Habt nur Vertrauen! Und du, Sebastian, gib auf die Heilige Schrift gut acht, hörst du? Gib das Buch nie aus der Hand und hüte es wie deinen eigenen Augapfel! Lass dich nicht davon täuschen, dass die Deckel übel verkratzt sind und das Buch auch sonst nicht sonderlich wertvoll aussieht. Eines Tages, so Gott will, wird dir diese Reisebibel kostbarer sein, als du jetzt ahnen kannst!“ Sebastian fühlte sich wie benommen. Nichts, was seine Mutter sagte und von ihnen verlangte, machte auch nur im Entferntesten Sinn. „Was sollen wir in Wittenberg, der Hochburg der Ketzer, wo dieser Martin Luther mit seinen Schriften und Predigen gegen den Papst und den wahren Glauben zu Felde zieht?“, stieß er hervor, während Elmar sich schon über die Truhe beugte und die abgewetzte, alte Ledertasche mit der Bibel und einem prall gefüllten Geldbeutel an sich nahm. „Und was habt Ihr mit diesem Druckherrn namens Leonius Seeböck zu schaffen?“ „Vertrau mir, mein Junge!“, hauchte sie. „Und jetzt gib mir einen Kuss. Ihr müsst los!“ (…) „Stimmt es, dass ihr hier im Kloster über eine eigene Druckwerkstatt verfügt?“, erkundigte sich Sebastian, weil er darauf brannte, mehr darüber zu erfahren. „Ja, Bruder Scriptoris hat sie hier eingerichtet, als er vor sechs Jahren aus dem Wittenberger Land zu uns gekommen ist. Er versteht sich ausgezeichnet auf die Kunst der beweglichen Lettern.“ Verblüfft blieb Sebastian stehen. „Euer Novizenmeister kommt aus dem Wittenberger Land?“ Notker nickte. „Wie man sich erzählt, war er in einem großen Kloster Prior und hat sich vor den lutherischen Ketzern zu uns geflüchtet, als dort in Sachsen unter dem satanischen Einfluss dieses Ketzers Luther viele Klöster aufgelöst und Mönche und Nonnen vertrieben wurden. Unser Vater Abt hat ihn mit offenen Armen aufgenommen und auch die Einrichtung einer Druckerei gutgeheißen. Übrigens sehr zum Unwillen von Bruder Clemens, der über das Scriptorium (= Schreibstube) wacht und von diesem neumodischen Geschäft mit den beweglichen Buchstaben nichts hält. Aber die Bücher, die wir hier drucken, bringen dem Kloster jährlich einen hübschen Batzen Geld ein. Es heißt, dass der Vater von Bruder Scriptoris einst in Mainz einer der letzten Gehilfen von Johannes Gutenberg war.“ Schon wieder Wittenberg!, dachte Sebastian beklommen und hörte nur noch mit halbem Ohr auf das eifrige Geplapper des Novizen. (nach: Rainer M. Schroeder, Das Kloster der Ketzer) Aufbruch in eine neue Zeit Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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