Zeitbilder 2, Arbeitsheft

35 Pias Reise ins Mittelalter hat zwei zeitliche Ebenen. Ein Teil der Handlung spielt in der Gegenwart, der andere am Ende des Mittelalters. Im Vordergrund der Gegenwartshandlung steht die 12-jährige Pia, die im Ruhrgebiet lebt. Eine Einladung von ihrer Großtante nach Cochem an der Mosel eröffnet Pia eine Geschichte, die sich vor Jahren im Haus der Tante abgespielt haben soll. Pia hört von den aufregenden Erlebnissen Mathildas: Die Tochter eines Silberschmieds kämpft um die Liebe zum Gewürzhändler Cornelius. Dabei setzt sich Mathilda Gefahren aus: Sie muss aus ihrem Elternhauses fliehen, begegnet der Inquisition und den Gefahren außerhalb der Städte. Pias Reise ins Mittelalter 1 Markiere die Wörter im Text, die du nicht kennst. Suche die Begriffe in einem Lexikon oder im Internet und schreibe die Erklärungen in dein Heft. Beschreibe den Markttag in der Stadt. Vergleiche ihn mit einem Markttag heute. Arbeite heraus, welche Aufgaben Mathilda hat. (HMK II) Mathilda bahnt sich von der Kirche aus einen Weg in Richtung Marktplatz. Seit den frühen Morgenstunden herrscht ein so geschäftiges Treiben auf den Straßen, dass sie kaum zwei Schritte voreinander setzen kann, ohne von der einen oder anderen Seite gestoßen und getreten zu werden. Gestern Abend schon sind die ersten Händler und Bauern mit ihren Planwagen und Karren angekommen und haben ihre Stände, Tische und Zelte aufgebaut. Und noch immer strömen weitere in die Stadt, die hier auf ein gutes Geschäft hoffen. Heute ist nämlich nicht nur Markttag, sondern auch Pfingstkirmes. Die Händler müssen deshalb noch länger als an gewöhnlichen Markttagen vor den Toren der Stadt warten, um ihren Zoll zu zahlen. Die Torwächter durchsuchen jedes einzelne der schwer beladenen Pferdegespanne und fordern, je nach Ladung, die nötige Abgabe. Viele der Kaufleute sind von weither gekommen und haben eine beschwerliche Reise hinter sich. Innerhalb von wenigen Stunden ist die Stadt zu einem Umschlagplatz für alle erdenklichen Kostbarkeiten und jede Art von Hausrat geworden. Hier leuchten feine Tuche aus Leinen oder Schafwolle in allen Farben des Regenbogens, dort locken Häubchen aus flandrischer Spitze, goldene Borten und Silberspangen. Aus einer anderen Ecke duftet es herrlich nach den Gewürzen des Orients, nach Safran und Ingwer, Muskat und Nelken. Vor dem Kirchenportal machen Quacksalber lautstark auf die Wunderkräfte ihrer Tinkturen und Salben aufmerksam, die in großen und kleinen Tiegeln vor ihnen stehen. Dort bieten Topfhändler und Seifensieder ihre Waren feil, hier preisen Bürstenbinder und Pfeifenkrämer ihre Angebote als die besten und günstigsten im ganzen Land. Es ist ein unglaubliches Schubsen und Drängen, und die schmalen Gassen quellen fast über von so vielen Menschen. Mathilda presst ihren leeren Steinkrug fest an sich und drängt sich zu einer Gruppe Gaukler vor, die einige merkwürdige Tiere mit sich führen. Das Mädchen verweilt einen Moment davor. Fast jeder der eilig Hin- und Herlaufenden ist mit den Vorbereitungen für das Pfingstfest beschäftigt. Durch die geöffneten Fenster riecht es heute nach Gänse- und Entenbraten, nach geschmortem Schwein und gekochtem Rebhuhn. Die Essensdüfte überdecken sogar den Gestank von Unrat und Kot, der auf den Gassen liegt und dem man alle paar Schritte ausweichen muss. Mathilda läuft bei dem Bratenduft das Wasser im Mund zusammen. Auch in ihrem Ofen brutzelt schon eine Ente, gefüllt mit Äpfeln. Eine gute Stunde wird das Geflügel wohl noch brauchen, bis es rundherum goldbraun und knusprig ist. Nun muss Mathilda schnell noch einen Krug Wein für den Vater im Gasthof holen und Zwirn und ein paar Ellen Leinen für ein neues Hemd bei der alten Gertrud. Eigentlich wollte sie das schon gestern tun, doch es gab so viel in der Werkstatt zu helfen, dass gar keine Zeit für Besorgungen blieb. Im Vorbeilaufen wirft sie immer wieder einen Blick auf die Stände und Tische, die rechts und links am Weg stehen. Alles ist so bunt und prächtig. Und vieles von dem, was dort mit lauten Stimmen angeboten wird, hat Mathilda noch nie zuvor gesehen. (nach: Susanne Bieder: Pias Reise ins Mittelalter, Roman, 2003) zu den Schulbuchseiten 84 bis 89 Mittelalter Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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