114 L Frauen an der Macht M1 Aspasia von Milet (Kupferstich, Francis Holl, 1858) M4 Cornelia, Mutter der Gracchen (Joseph-Benoît Suvée, 1795) Zwei berühmte Frauen der Antike Aspasia Aus Milet in der heutigen Türkei stammend kam die sehr gebildete Aspasia im 5. Jh.v.Chr. nach Athen und wurde eine berühmte Gastgeberin für Philosophen, Dichter und Politiker. Sie beschäftigte sich mit Philosophie und soll auch eine hervorragende Rednerin gewesen sein. Leider sind von ihr keine Texte erhalten. Aus ihrer Beziehung mit dem Strategen Perikles hatte sie einen Sohn. Doch rechtmäßig heiraten konnte er sie nicht, weil sie keine athenische Bürgerin war. Dieses Gesetz hatte Perikles selbst eingebracht. Die Athener beschuldigten Aspasia, am Aufstand der Insel Samos gegen Athen schuld zu sein, und später noch der Gottlosigkeit und der Unzucht. Perikles hatte Mühe, für einen Freispruch Aspasias zu sorgen. Cornelia lebte im 2. Jh. v. Chr. Sie war sehr gebildet und eine bedeutende römische Frau. Ihr Mann war Konsul, doch er starb sehr früh. Als Witwe erhielt sie zahlreiche Heiratsanträge, die sie jedoch alle ablehnte, um sich ausschließlich der Erziehung ihrer Söhne zu widmen: Gaius und Tiberius Gracchus (= die Gracchen) wollten in Rom für eine gerechtere Verteilung des eroberten Landes sorgen und wurden dafür getötet. Cornelia verkörperte für viele Römerinnen und Römer das Idealbild einer anständigen Ehefrau, und man bewunderte sie sehr. Sie soll die erste Frau gewesen sein, für die in Rom eine Statue aufgestellt wurde. M2 Aspasia (1. Jh. v. Chr., Vatikanisches Museum) M3 Cornelia Q Aber wer hat gesagt, dass die Natur den Charakter der Frauen abgewertet hat und deren Tugenden auf ein geringes Maß beschränkt hat? Glaube mir, jene haben gleiche Stärke und Möglichkeit zu ehrenvollen Taten. Schmerz und Leiden ertragen sie, wenn sie daran gewöhnt sind, in gleichem Maße. In welcher Stadt, ihr guten Götter, sagen wir das? Denn wenn du willst, dass ich dir Beispiele von Frauen nenne, die mit dem Verlust der Ihren tapfer fertig geworden sind, werde ich nicht lange suchen. Aus einer Familie werde ich dir zwei Frauen namens Cornelia nennen: Die eine ist die Mutter der Gracchen. Sie hatte zwölf Kinder und alle sind vor ihr gestorben. Bei zehn von ihnen wurde das dem Staat nicht bewusst. Aber bei Tiberius und Gaius wird sogar jemand, der sie nicht für gute Männer hielt, zugeben, dass sie große Männer waren. Bei beiden hat sie miterlebt, wie sie getötet und nicht ordnungsgemäß begraben wurden. Denen, die sie trösten wollten und sie arm nannten, sagte sie jedoch: „Niemals werde ich sagen, dass ich nicht glücklich bin, wo ich doch die Gracchen geboren habe.“ (nach: Seneca (1–65 n. Chr.), Ad Marciam de consolatione II, 12, 1. Jh. n. Chr.) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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