Killinger Literaturkunde, Schulbuch

BAROCK | 17. JAHRHUNDERT 67 7. Untersuchen Sie die Erzählposition in Grimmelshausens Roman: • Erläutern Sie, welche Ich-Position im Werk gewählt wurde und was Gründe dafür sein könnten. 8. Wandeln Sie die Erzählposition in diesem Textabschnitt ab: • Wählen Sie einen etwa 10 Zeilen langen Abschnitt und schreiben Sie ihn in einer anderen Erzählposition (z. B. auktoriale Erzählung in der 3. Person) um. • Vergleichen Sie in einer Kleingruppe die Wirkung Ihrer Texte mit dem Originaltext. Neben dem Schelmenroman gibt es im Barock noch andere Arten von Romanen. Der Schäferroman spielt in einer idealisierten Landschaft mit sanften Hügeln, grünen Wiesen und Schatten spendenden Baumgruppen; darüber wölbt sich ein immer heiterer Frühlingshimmel. Die Menschen leben als Schäfer und Schäferin in ewiger Jugend. Sie haben keine wirklichen Sorgen und Nöte, keine „niedrigen“ Bedürfnisse. Krieg, Gefahr, Elend, Krankheit und Tod sind ausgeklammert. Das Leben ist ein Spiel zwischen Schäfer und Schäferin. Sie geben sich ganz ihren Gefühlsregungen hin, die von Liebe und Freundschaft entfacht werden: Glückseligkeit, Sehnsucht, Einsamkeit. Die Liebenden belauschen ihr Herz und zergliedern ihre seelischen Empfindungen. In Form der Idylle behält dieses Traumland eines paradiesischen Glückszustandes seine Anziehungskraft bis in die Zeit des jungen Goethe. Der Schäferroman erschließt eine Traumwelt als Fluchtort vor dem wirklichen Leben. Seine Funktion und sein schematisches Handlungsgerust machen ihn mit der heutigen Trivialliteratur vergleichbar (vgl. S. 427). 9. Kommentieren Sie, inwiefern Literatur die Bedürfnisse der Zeit widerspiegelt: • Erläutern Sie die Funktion dieses Romantyps im Leben der Leserinnen und Leser der Barockzeit. • Diskutieren Sie diese Aspekte in Bezug auf die historischen Ereignisse des 17. Jahrhunderts. BAROCKLYRIK Die Lyrik der Barockzeit umfasst hauptsächlich höfisch galante Texte, Schäferpoesie, Lob- und Preislieder auf Fürsten und Dichtungen aus Anlass höfischer Feiern. Dabei überwiegen rhetorische Übertreibung, bildhafte Sprache und komplizierte Formen. Das vorherrschende Versmaß im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war der Alexandriner, ein Vers mit sechs jambischen (steigenden) Takten (benannt nach dem Versmaß eines altfranzösischen Epos über Alexander den Großen). Näheres zur Versform und Verstakten auf S. 452ff. x x´ /x x´ /x x´ //x x´ /x x´ /x x´ /(x) Der Alexandriner ist ein Langvers, der häufig einen Einschnitt (= Zäsur //) nach der dritten Hebung aufweist. Die beiden Vershälften fordern eine syntaktische1 Gliederung und inhaltliche Gegenüberstellung (Antithese) förmlich heraus. Erst Lessing und die Klassiker, die sich an Shakespeare orientierten, verwendeten anstelle des Alexandriners den jambischen Fünfheber. Ihm fehlt, schon wegen der ungeraden Zahl der Hebungen, der Mitteleinschnitt; er wirkt dadurch fließender. Illusionistischer Schäferroman Jambischer Sechsheber Was dieser heute baut, // reißt jener morgen ein; Wo itzund Städte stehn, // wird eine Wiesen sein, [...] Aus: Es ist alles eitel (Andreas Gryphius) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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