BAROCK | 17. JAHRHUNDERT 59 Der Wechselhaftigkeit des Glücks (Symbole waren Fortunas Füllhorn und das Lebensrad) entspricht das Motiv der Vergänglichkeit (Vanitas-Motiv), dem man in der Literatur und in der Malerei und Graphik (der Tod als Sensenmann, die Vergänglichkeit der weiblichen Schönheit) begegnet. Die Antwort der Menschen auf dieses „memento mori“1 lautete: „Carpe diem!“ – Genieße den Tag! (Lebensfreude). Das Lebensgefühl des Barockmenschen ist gekennzeichnet durch die Spannung zwischen gierigem Lebensgenuss und Todesmystik. Der Begriff „Barock“ stammt aus der Kunstgeschichte. Ursprünglich bezeichnete das portugiesische Wort „barocco“ eine schiefrunde Perle und kam über das Italienische und Französische ins Deutsche, wo es anfangs in der Bedeutung „merkwürdig“ verwendet wurde. Er bezeichnet den neuen, prunkvollen Stil der Baukunst, wie er zuerst in Italien aus der Renaissance hervorging (etwa 1540) und über die Alpen kam. Schlösser, Klöster, Kirchen, später auch prunkvolle Bürgerhäuser entstanden: Schloss Schönbrunn, das Belvedere, Schloss Mirabell, der Salzburger Dom, die Karlskirche in Wien und die Stifte Melk, Göttweig und Sankt Florian u.v.a. Die Musik der Zeit diente vor allem der Verherrlichung Gottes (Kirchenmusik) und der Unterhaltung des Adels (z. B. Georg Friedrich Händel, der für verschiedene Adelshäuser tätig war). Von Italien aus verbreitete sich die Oper als Gesamtkunstwerk, das mit gewaltigem Aufwand zu einem Fest des Hofes mit Musik, Tanz, Feuerwerk und Farbenpracht (heutigen Shows nicht unähnlich) gestaltet wurde. Auch die Dichtung stand im Dienste des Fürsten und hatte dessen Persönlichkeit zu preisen. Hofpoeten verfassten zu verschiedenen Anlässen (Geburtstag, Hochzeit, Regierungsjubiläum etc.) Huldigungsdichtungen. Den „freien Schriftsteller“ gibt es erst vereinzelt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Lange Zeit hat man die Barockliteratur als „Schwulst“ abgetan, obwohl sie aus denselben Quellen schöpft wie die Musik und die Architektur der Zeit und obwohl sie denselben Zielen dient: der Verherrlichung Gottes und der Fürsten. Auch die ästhetischen Mittel, wie der Prunk und das weit ausholende Pathos, sind vergleichbar. 1. Setzen Sie sich mit bildlichen Motiven des Barock auseinander: • Analysieren Sie das Bild und beantworten Sie die Frage, wofür der Totenkopf, die Muschel, die Instrumente, das Buch usw. stehen könnten. • Gestalten Sie anschließend selbst ein Bild mit Motiven der Vergänglichkeit aus Ihrer Sicht. Motiv der Vergänglichkeit 1 Memento mori: Denke daran, dass du sterben musst (Bewusstsein des Todes, der Vergänglichkeit) Begriff: Barock Künste im Dienst der Fürsten Harmen Steenwyck (1612 – 1656), Stillleben: Allegorie der Eitelkeiten des menschlichen Lebens, ca. 1640. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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