Killinger Literaturkunde, Schulbuch

58 BAROCK 17. JAHRHUNDERT POLITISCHE, SOZIALE UND KULTURELLE FAKTOREN Noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lief die Gegenreformation an: Die Beschlüsse des Konzils von Trient (1545 – 1563, Reaktion der katholischen Kirche auf die Reformation) wurden mit dem Ziel wirksam, den Einfluss der Reformation zurückzudrängen. Der Jesuitenorden gewann als Träger der Gegenreformation an allen katholischen Fürstenhöfen entscheidenden Einfluss. Die Gegensätze zwischen Katholizismus und Protestantismus, zwischen dem Kaiser, der das Reich und den alten Glauben erhalten wollte, und den protestantischen Fürsten, die nach Selbstständigkeit strebten, wurden immer unüberbrückbarer. 1618 kommt es zum „Großen deutschen Krieg“, der 30 Jahre dauerte und in den mehrere europäische Mächte, vor allem Frankreich und Schweden, eingriffen. Landsknechtheere zogen kreuz und quer durch deutsche Länder, zerstörten Städte, zündeten Dörfer an, pressten Bürgertum und Bauernstand aus. Dabei kam es zur raschen Ausbreitung von Seuchen. Der Grad der Zerstörung war landschaftlich sehr verschieden; manche Gebiete blieben verschont, manche Dörfer waren gänzlich entvölkert. Etwa ein Drittel der Bevölkerung kam durch Krieg, Krankheit (Pest) und Hunger um. Die Landwirtschaft kam zum Erliegen, das Bürgertum war großteils verarmt. Die Vormachtstellung der Habsburger im Reich war endgültig gebrochen. Das Reich zerfiel in Dutzende von Kleinstaaten, die „souverän“ (unabhängig) wurden. Die Vormachtstellung Frankreichs in Europa war gefestigt. Träger der Barockkultur wurden die Fürstenhöfe. Die Herrscher – weltliche wie kirchliche – regierten absolut und ahmten das Vorbild des französischen Königshofes in Versailles nach. Fürsten herrschten „von Gottes Gnaden“ und waren nur Gott gegenüber für ihr Tun verantwortlich. Ein neuer Hofadel entstand, dessen Aufgabe es war, ein strenges Zeremoniell zur Erhöhung, ja Vergöttlichung des Fürsten einzuhalten. Prunkvolle Schlösser wurden gebaut, weitläufige Parkanlagen zeigten die Beherrschung der Natur: Die Bäume wurden zu Kugeln und Kegeln geschnitten, die Blumenbeete nach geometrischen Figuren angelegt (französischer Gartenstil). Der Adel feierte Feste, er tanzte in abgemessenen Schritten, jede Bewegung war gleichförmig und geplant. Die Perücke, die aufwendige Kleidung (der Reifrock) machten die Menschen zu überdimensionalen Puppen eines großen Welttheaters, das zum Sinnbild für die Zeit wurde. Hyacinthe Rigaud (1659 – 1743), Ludwig XIV. von Frankreich im Krönungsornat, 1701. Religiöse und politische Gegensätze Dreißigjähriger Krieg 1618 – 1648 Krieg, Pest und Not Fürstenhöfe als Träger der Kultur Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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