DEUTSCHSPRACHIGE LITERATUR NACH 1945 307 Ursula Krechel: Umsturz (1977) Von heut an stell ich meine alten Schuhe nicht mehr ordentlich neben die Fußnoten häng den Kopf beim Denken nicht mehr an den Haken fress keine Kreide. Hier die Fußstapfen im Schnee von gestern, vergeßt sie ich hust nicht mehr mit Schalldämpfer hab keinen Bock meine Tinte mit Magermilch zu verwässern ich hock nicht mehr im Nest, versteck die Flatterflügel, damit ihr glauben könnt ihr habt sie mir gestutzt. Den leeren Käfig stellt mal ins historische Museum Abteilung Mensch weiblich. 31. Interpretieren Sie diesen Text unter besonderer Berücksichtigung des Titels: • Erklären Sie Zeile für Zeile die Metaphern (vgl. S. 68) in diesem Gedicht. • Deuten Sie den letzten Satz. • Kommentieren Sie den Titel des Textes. Eine ganze Generation jünger ist der Dresdner Durs Grünbein (geb. 1962). Seine Gedichte sind plakativ und greifen Themen der Zeit auf: die Umweltproblematik und die Gleichgültigkeit der Menschen, denen nur eine schockierende Sprache beikommt. Die Verse der frühen Gedichte sind weder gereimt noch rhythmisch regelmäßig gegliedert. Als „Gedichte“ weist sie der Inhalt aus: Es sind Gedanken, Zustände, Beobachtetes ohne längere zeitliche Erstreckung. Durs Grünbein: Belebter Bach (1988) mit alten Autoreifen, Glas, Sperrmüll und der Attrappe eines kleinen Wehrs aus Zellophan und Schrott, in dem inmitten Schaums auf einem Ölfilm ausgesetzt ein grüner Badefisch sich zwischen Zweigen schaukelnd leicht um seine Achse dreht. Kommt, Wellen klaren Wassers, kommt. 2 4 6 8 10 12 14 Schockierende Sprache 2 4 6 8 10 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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