Killinger Literaturkunde, Schulbuch

298 Der Autor Erich Fried (1921 – 1988) setzte sich bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit für Frieden und atomare Abrüstung ein. Sein Gedicht Gründe wurde, wie er sagt, „aus selbst gehörten Äußerungen von Bürgern der Bundesrepublik und Westberlins zusammengestellt“. Erfindungen des Autors sind nur die Überschrift und die vier Schlusszeilen. Erich Fried bedient sich einer Technik, die man Collage nennt. Collage/Montage Der Begriff wurde aus der bildenden Kunst übernommen und findet sich in allen Gattungen der modernen Literatur, besonders im experimentellen Roman und in der engagierten Lyrik. Eine Collage entsteht, wenn man vorhandene Texte oder Teile davon kombiniert und so einen neuen Text erzeugt. Durch geschicktes Zusammenfügen vorgefertigten Sprachmaterials entstehen oft überraschende Wirkungen. Collagen werden manchmal auch als Montagen bezeichnet. Erich Fried: Gründe (1966) Weil das alles nichts hilft sie tun ja doch was sie wollen Weil ich mir nicht nochmals die Finger verbrennen will Weil man nur lachen wird: Auf dich haben sie gewartet Und warum immer ich? Keiner wird es mir danken Weil da niemand mehr durchsieht sondern höchstens noch mehr kaputtgeht Weil jedes Schlechte vielleicht auch sein Gutes hat Weil es Sache des Standpunktes ist und überhaupt wem soll man glauben? Weil auch bei den andern nur mit Wasser gekocht wird Weil ich das lieber Berufeneren überlasse Weil man nie weiß wie einem das schaden kann Weil sich die Mühe nicht lohnt weil sie alle das gar nicht wert sind Das sind Todesursachen zu schreiben auf unsere Gräber die nicht mehr gegraben werden wenn das die Ursachen sind. 15. Experimentieren Sie mit den sprachlichen Versatzstücken dieses Gedichts: • Schreiben Sie einige Hauptsätze, die vor den „Weil”-Sätzen stehen könnten. • Formulieren Sie fur die Begrundungssatze dahinter liegende unausgesprochene Fragen. • Machen Sie Vorschläge für einen oder mehrere weitere „Weil”-Sätze. 16. Interpretieren Sie das Gedicht: • Erklären Sie den Titel. • Erörtern Sie die Sinnhaftigkeit dieser Aussagen (Z. 1–22). • Deuten Sie die letzten vier Zeilen. 17. Fertigen Sie eine Collage aus haufig verwendeten Satzen, die in Ihrer Umgebung fallen, an: • Achten Sie dabei sowohl auf den Inhalt als auch auf die Anordnung der einzelnen Textbausteine. • Diskutieren Sie Ihre Collagen in der Kleingruppe. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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