Killinger Literaturkunde, Schulbuch

BIEDERMEIER UND VORMÄRZ | 1815 – 1848 195 VORMÄRZ Die Bezeichnung Vormärz ist ein Begriff, der vor allem für die Beschreibung der politisch-historischen Entwicklung eingesetzt wird. Er bezeichnet die Zeit zwischen dem Ende des Wiener Kongresses 1815 und der Märzrevolution 1848. JUNGDEUTSCHE Im bürgerlichen liberalen Lager löste ein Beschluss des Deutschen Bundestages von 1835 helle Empörung aus: Die Schriften von Heinrich Heine, Karl Gutzkow, Heinrich Laube und anderen wurden verboten und beschlagnahmt. Diese Gruppe von Schriftstellern, die sich die „Jungdeutschen“ nannten, waren lange nicht so revolutionär, wie von den Machthabern angenommen wurde. Sie traten gegen die herrschenden literarischen Autoritäten der Klassik und Romantik auf. Ihrer Auffassung nach darf die Kunst weder zweckfrei und absolut sein (wie bei Schiller) noch mystischer Weg nach innen (wie bei Novalis). Literatur sollte vielmehr die jeweiligen Gesellschaftszustände widerspiegeln. Kunstformen sind nach Auffassung der Jungdeutschen Mittel zum Zweck. Der Zweck ist die „poetische Umgestaltung des Lebens“. Die Dichter und Schriftsteller stehen nicht „im Dienst der Musen, sondern im Dienst des Vaterlands“ (Wienbarg). Damit ist nicht so sehr gemeint, dass sie in den Streit der politischen Parteien eingreifen, sondern dass sie ihre Arbeit für eine Erneuerung des Lebens einsetzen sollen. Es geht eher um die poetische als um die politische Umgestaltung. Die Probleme des entstehenden Industrieproletariats klammern die Jungdeutschen weitgehend aus. Wichtiger sind ihnen die Demokratisierung der Literatur, der Kampf gegen religiöse Bevormundung, die Liberalisierung der Sexualmoral und die Emanzipation der Frau. Bevorzugte Gattungsformen sind der Roman und die Novelle; ferner literarische Zweckformen, wie Brief, Memoiren, Reisebilder. Die Jungdeutschen begründen die literarische Publizistik (Zeitungsbeiträge mit literarischem Anspruch), aus deren Ansätzen sich ab 1835 das Feuilleton entwickelt, ein kurzer, populär geschriebener Beitrag „unter dem Strich“, der aktuelle Fragen des Kultur- und Geisteslebens subjektiv darstellt. Heinrich Heine und Ludwig Börne zählen zu den ersten Feuilletonisten. Heinrich Heine (1797 – 1856) Heinrich Heine lebte seit 1831 in Paris und kehrte danach nur zweimal kurz nach Deutschland zurück. 1844 schrieb er Deutschland. Ein Wintermärchen, eine Satire auf die Zustände in seiner Heimat, in der staatliche Zensur und Kontrolle, engstirniger Nationalismus und Franzosenhass herrschten, gegen die er ankämpfte. Der Anfang der Verssatire enthält ein politisches Programm: Begriff: Vormärz Veränderung des Lebens durch die Literatur Heines Satire auf Deutschland Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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