152 Hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig War seines Lebens Heiterkeit dahin, Ihn riss ein tiefer Gram zum frühen Grabe. „Weh dem“, dies war sein warnungsvolles Wort, Wenn ungestüme Frager in ihn drangen, „Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld! Sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein.“ 9. Erörtern Sie die Aussage dieses Textes aus heutiger Sicht: • Erläutern Sie, aus welcher Einsicht der Priester nie der Versuchung erlegen ist, den Schleier zu heben. • Begründen Sie, warum Ihrer Meinung nach die Gottheit die letzte Erkenntnis verschleiert. • Stellen Sie Vermutungen darüber an, ob diese dem Menschen einmal zuteil werden kann. • Erklären Sie, warum den Jüngling „ein tiefer Gram zum frühen Grabe“ reißt. • Analysieren Sie wichtige inhaltliche Merkmale der Klassik, die sich in dem Text zeigen. • Diskutieren Sie in Kleingruppen die Aktualität von Schillers Text. Goethes Römische Elegien sind 1788 bis 1790 in Weimar entstanden, wo er nach seiner Rückkehr von einem zweijährigen Aufenthalt in Italien Christiane Vulpius, seine spätere Frau, kennen lernte. Die Begegnung mit Rom und das Liebeserlebnis mit Christiane sind in den Elegien miteinander verschmolzen. Der ursprüngliche Name der Gedichtsammlung war Erotica Romana. Die freimütige Darstellung der sinnlichen Liebe in einigen Elegien schockierte die Weimarer Hofgesellschaft. Johann Wolfgang von Goethe: Römische Elegien III. (1790) Laß dich, Geliebte, nicht reun, daß du mir so schnell dich ergeben! Glaub es, ich denke nicht frech, denke nicht niedrig von dir. Vielfach wirken die Pfeile des Amors: einige ritzen, Und vom schleichenden Gift kranket auf Jahre das Herz. Aber mächtig befiedert, mit frisch geschliffener Schärfe Dringen die andern ins Mark, zünden behende das Blut. In der heroischen Zeit, da Götter und Göttinnen liebten, Folgte Begierde dem Blick, folgte Genuß der Begier. Glaubst du, es habe sich lang die Göttin der Liebe besonnen, Als im Idäischen Hain einst ihr Anchises gefiel? Hätte Luna gesäumt, den schönen Schläfer zu küssen, O, so hätt ihn geschwind, neidend, Aurora geweckt. Hero erblickte Leandern am lauten Fest, und behende Stürzte der Liebende sich heiß in die nächtliche Flut. Rhea Silvia wandert, die fürstliche Jungfrau, den Tiber, Wasser zu schöpfen, hinab, und sie ergreifet der Gott. So erzeugte die Söhne sich Mars! – Die Zwillinge tränket Eine Wölfin, und Rom nennt sich die Fürstin der Welt. 80 82 84 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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