Killinger Literaturkunde, Schulbuch

144 2. Erschließen Sie das Aufbauschema nach Gustav Freytag anhand eines Dramas, das Sie gemeinsam im Unterricht gelesen haben: • Nennen Sie die Figuren, mit denen das Publikum zu Beginn konfrontiert wird. • Beschreiben Sie die Situation (Vorgeschichte, die Beziehung der Personen zueinander, historisch-gesellschaftlicher Hintergrund), in der sich die Figuren befinden. • Erklären Sie, wie und warum sich der Konflikt zuspitzt. • Stellen Sie den Höhepunkt des Konflikts dar. • Erläutern Sie die weiteren Handlungsschritte, die zur Katastrophe führen bzw. die Katastrophe vorerst verzögern. • Geben Sie die Katastrophe/die Lösung des Konflikts in eigenen Worten wieder. 3. Untersuchen Sie die Übertragbarkeit dieses Aufbauschemas auf einen Film Ihrer Wahl: • Bestimmen Sie Übereinstimmungen und Unterschiede. • Erläutern Sie, ob und in welcher Weise dieses Aufbauschema zur Spannung dieses Films beiträgt. Johann Wolfgang von Goethe: Torquato Tasso (1790) 1775 kam Johann Wolfgang von Goethe, ein Bürger der Freien Reichsstadt Frankfurt, auf Einladung des 18-jährigen Herzogs Karl August an den Weimarer Hof, an dem noch spätabsolutistische Vorstellungen herrschten, etwa die, dass ein Hofdichter für Gelegenheitsdichtungen und amüsante Festveranstaltungen zu sorgen habe. Der 26-jährige Goethe, der kurz zuvor sein Drama über die Freiheit, Götz von Berlichingen (1773), hatte erscheinen lassen, musste sich zunächst der Hofsitte anpassen. In seinem klassischen Drama Torquato Tasso geht es um die Selbstwertkrise des bürgerlichen Dichters in Abhängigkeit vom höfischen Mäzenatentum: Torquato Tasso lebt am Hof des Herzogs von Ferrara und hat sich in dessen Schwester, Prinzessin Eleonore, verliebt. Eben hat er sein Versepos Das befreite Jerusalem, in dem die Ahnen des Herzogs eine großartige Rolle spielen, vollendet und erhält dafür vom Herzog einen Lorbeerkranz. Auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn gerät er in Gegensatz zur Hofetikette. TASSO: Die goldne Zeit, wohin ist sie geflohn, Nach der sich jedes Herz vergebens sehnt? Da auf der freien Erde Menschen sich Wie frohe Herden im Genuss verbreiteten; Da ein uralter Baum auf bunter Wiese Dem Hirten und der Hirtin Schatten gab, Ein jüngeres Gebüsch die zarten Zweige Um sehnsuchtsvolle Liebe traulich schlang; Wo klar und still auf immer reinem Sande Der weiche Fluss die Nymphe sanft umfing, Wo in dem Grase die gescheuchte Schlange Unschädlich sich verlor, der kühne Faun1, Vom tapfern Jüngling bald bestraft, entfloh; Wo jeder Vogel in der freien Luft Und jedes Tier, durch Berg’ und Täler schweifend, Der Dichter an einem Fürstenhof 5 10 1 Faun: lüsterner Waldgott, Beschützer der Herden 15 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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